Instagramability – Wie Sie Kunden zu Botschaftern Ihrer Marke machen

Judith Kenk, Digitales Innovationszentrum Neubrandenburg
Oktober 2023

Die Vielfalt der sozialen Netzwerke und Onlineplattformen, die uns zur Verfügung stehen, um ein Produkt oder eine Dienstleistung sichtbar zu machen, ist groß. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen kann dies überfordernd sein. Benötigt werden Zeit, gute Strategien und geschulte Mitarbeitende, um eine konsistente und glaubwürdige Präsenz zu erreichen. Für viele eine zu große Herausforderung.

Eine Chance, dieser Herausforderung zu begegnen und auch analog vor Ort erfolgreicher zu werden, kann es sein, die Kund:innen oder Besucher:innen als Botschafter:innen/Influencer:innen mitzudenken. Wenn wir sie für unser Angebot begeistern und ihnen ein fotogenes, ein instagramable Motiv liefern, das sie in den Netzwerken teilen, dann erhöhen wir unsere Reichweite.

1. Kaufentscheidungen – wer trifft sie wirklich

Eine Umfrage von Statista in den Jahren 2021/2022 hat ergeben, dass 19 Prozent der Befragten mindestens ein Produkt innerhalb der zurückliegenden zwölf Monate gekauft haben, infolge von Werbung auf der Plattform Instagram. Bezogen auf YouTube liegt der Anteil mit 24 Prozent noch höher.1 Der Einfluss der sozialen Netzwerke, Influencer:innen, Blogger:innen und Co. auf Kaufentscheidungen ist real und betrifft alle Bereiche des Lebens.

2. Instagramability im Tourismus – entscheidend

Eine Studie der Ferienhaus-Versicherer Schofields Insurance zur Untersuchung des Reiseverhaltens ergab, dass Millennials ihre Destination hauptsächlich nach dem Instagramability-Faktor auswählen, also danach, wie fotogen die Destination ist. Mit 40,1 Prozent steht dies mit Abstand vor den Aspekten Kosten, persönliche Entwicklung, lokale Küche erleben oder Sehenswürdigkeiten.2

Instagramability im Tourismus umfasst viele Bereiche, vom Essen und dem Interieur im Hotel bis zu Fotospots in der Umgebung. Spots wie der Felsen Trolltunga in Norwegen, Lempuyang in Bali oder die Heißluftballons am Himmel von Kappadokien sind durch Instagram und Co. noch berühmter geworden. Menschen fliegen Reiseblogger:innen und Influencer:innen nach, um diese Motive auch in ihrem Feed hochladen zu können.

Und die Hochschulen reagieren darauf: Die IST-Hochschule für Management hat dem Thema Instagramability inzwischen einen Platz im Lehrplan eingeräumt. Thomas Corinth, Lehrverantwortlicher an der IST-Hochschule ist überzeugt, dass sich schon mit einfachen Mitteln, wie einem schön angerichteten Essen Motive für die Zielgruppe schaffen lassen und dass jedes Hotel ein Instagram-Motiv braucht.3

„Sei kreativ – du bist das Motiv
Posiere, was das Zeug hält und schieße ein kreatives Foto. Eine zeitlose Erinnerung, an dein Abenteuer in Lenzerheide. Poste dein bestes Foto auf Instagram mit dem Hashtag #lenzerhei-defotospots und schaffe es auf unsere Social Wall.“
So wirbt die Ferienregion Lenzerheide bei den sportlichen Besucher:innen um Fotos in den sozialen Netzwerken. [4]

Die Schweizer Ferienregion Lenzerheide will sein Image und den Skilanglauf mithilfe von kreativen Motiven aufbessern, besonders bei der jüngeren Zielgruppe. Hierfür wurden verschiedene Fotospots kreiert und installiert. Damit geht die Region einen Schritt weiter als mit den bisherigen Kampagnen, die vordergründig den Fokus auf Kommunikation gelegt haben. Von der neuen Kampagne versprechen sich die Macher:innen mehr Authentizität, Zielgruppengenauigkeit und Glaubwürdigkeit durch user generated content.5
 

3. Instagramability in der Gastronomie – Essen gehen und mehr

Fotos von attraktiv angerichtetem Essen sind längst zum Normalzustand in sozialen Netzwerken oder dem WhatsApp-Status geworden. Besonders Fast-Casual Marken in der Gastronomie greifen den Trend auf und bauen ihn aus. In den Filialen von „Hans im Glück“ gibt es neben einem außerge-wöhnlichen und stylischem Interieur spezielle Bereiche, um Fotos zu machen. „Um die Burgergrills attraktiver für die Community zu machen, sieht das neue Raumkonzept eigene Insta-Bereiche vor, die die perfekte Kulisse für Schnappschüsse

mit Lokalbezug garantieren. Innerhalb der Fotobereiche werden lokale Themenfelder aufgegriffen – sowohl architektonische, kulturelle, wie historische – und der Hans im Glück-Ästhetik angepasst. In Konstanz ist die Fasnacht Inspirationsquelle.“6

Die Unternehmen Frittenwerk und Pommesfreunde zählen ebenfalls zu den Aufsteigern in der Branche. Zahlreiche neue Filialen und Auszeichnungen bestätigen den Erfolg, denn hier bekommt der Gast nicht einfach nur „Pommes Schranke“, sondern Kartoffelgerichte, die so instagramable angerichtet sind, dass die Beilage zum fotogenen Hauptakteur wird.7

4. Instagramability in Städten – Magnet für Jung und Alt

In Instagram-Rankings rangiert das 2.500-Seelen-Städtchen Rothenburg ob der Tauber auf Platz drei. Knapp zwei Millionen Besucher:innen kommen jährlich in die kleine Stadt von Fachwerk, Pumuckl und „Schneeballen“ und teilen fleißig ihre Fotos in den sozialen Netzwerken oder ihrem Status. Auch die Stadt Bonn profitiert von einer Besonderheit: Die Kirschblüte zieht jährlich im Frühjahr national und international fotohungrige Insta-Fans an. Die Heerstraße in Bonn, in der zahlreiche japanische Kirschbäume stehen, ist zum Mekka geworden, besonders für die jüngere Generation.8

5. Instagramability – Einzelhandel und Produkte

Nahezu alle Geschäfte im stationären Einzelhandel arbeiten mit „digitalen Verstärkern“. Vertrieb und Handel sind entortet, sie finden überall statt. Neue Konzepte werden geschaffen, die nicht nur auf Instagramability setzen, sondern auch auf Erlebnis, Zugehörigkeitsgefühl, Erholung und Wohl-fühlen. Bezogen auf Instagramability geht die Fast-Fashion Modekette Zara neue Wege. „Sie mieten sich nicht nur in praktische ‘Lagerläden‘ ein, sondern auch in geschichtsträchtige Orte, wie ein ehemaliges Kino am Corso Vittorio Emmanuele in Mailand. Die Kleider sollen vor Ort nicht nur anprobiert sondern vor der prächtigen Kulisse auch fotografisch in Szene gesetzt werden können.“9

Neben dem Vorgang des Auswählens und Kaufens des Produktes spielt Instagramability auch danach eine Rolle, zum Beispiel bei der Aufmachung der Produkte. Durch die Optik (beispielsweise Verpackung) oder die Personalisierung der Produkte entstehen after sales neue Chancen für Anbieter in den Status und Feeds der Kunden zu erscheinen.10

6. Fazit

Durch regelmäßige und kreative Präsenz in den sozialen Netzwerken erzeugen Destinationen, Produkte und Dienstleistungen regional, national und international eine Sogwirkung und schaffen es auf die Bucket-Lists, Must-Sees und Must-Haves der Menschen. Instagramability bietet zahlreichen Branchen im B2C-Bereich die Chance, die Präsenz und Reichweite über die eigenen Möglichkeiten hinaus zu vervielfachen. Besucher:innen oder Kund:innen werden durch ihre Darstellung zu glaubwürdigen und authentischen Botschafter:innen ihrer Marke. Mithilfe von attraktiven Motiven liefern die Anbieter:innen den Anreiz und profitieren dann von dem Geltungsbedürfnis der Menschen, ihre Leben in den sozialen Netzwerken zu zeigen. Das bringt Anbieter:innen nicht nur Präsenz auf zahlreichen Plattformen, sondern auch „geschenkten“ Content, der bequem auf den eigenen Kanälen geteilt werden kann. Außerdem kommen die Anbieter:innen so auf Kanäle, die sie selbst nicht bespielen können, zum Beispiel Messenger-Status.

Besonders Anbieter:innen in MV, die mittelbar oder unmittelbar von den touristischen Besucherströmen profitieren, haben so die Chance, ihre Präsenz zu verstärken.

Instagramability ist die Verbindung zwischen digital und analog. Wer es schafft, langfristig attraktiv, nachhaltig, umfassend und beständig zu agieren und Instagramability mitzudenken, kann auf lange Sicht profitieren. Instagramability ist nicht als Trend zu sehen.

 

Literatur

1de.statista.com/statistik/daten/studie/1247627/umfrage/einfluss-von-influencern-auf-kaufentscheidung-nach-plattform-in-deutschland, aufgerufen am 26.10.2023

2schofields.ltd.uk/blog/5123/two-fifths-of-millennials-choose-their-holiday-destination-based-on-how-instagrammable-the-holiday-pics-will-be, aufgerufen am 26.10.2023

3hogapage.de/nachrichten/panorama/interviews/jedes-hotel-braucht-heute-ein-insta-motiv, aufgerufen am 26.10.2023

4arosalenzerheide.swiss/de/Lenzerheide/Winter/Bucketlist-Winter/Foto-Spots, aufgerufen am 26.10.2023

5werbewoche.ch/de/marketing/2023-02-03/lenzerheide-will-mit-neuen-fotospots-fuer-perfekte-instagram-posts-sorgen, aufgerufen am 26.10.2023

6tageskarte.io/gastronomie/detail/hans-im-glueck-mit-neuem-de-sign.html?tx_news_pi1%5B%40widget_2808_0%5D%5BcurrentPage%5D=2&cHash=fb8c9d255f6e9500a54a9bbfef459bed, aufgerufen am 26.10.2023

7food-service.de/maerkte/news/frittenwerk--pommes-freunde-wenn-beilagen-zur-hauptsache-werden-54249, aufgerufen am 26.10.2023

8sueddeutsche.de/leben/freizeit-es-blueht-die-kirsche-und-die-instagram-tauglichkeit-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190324-99-520546, aufgerufen am 26.10.2023

9ladenbauverband.de/55/digitorial/beitrag-marta-kwiatkowski-schenk, aufgerufen am 26.10.2023

10glossar.xeit.ch/instagrammability, aufgerufen am 26.10.2023

11hospitalityinsights.ehl.edu/de/customer-experience-authentische-erlebnise, aufgerufen am 26.10.2023

 

Das Thema Sichtbarkeit spielt auch in der täglichen Arbeit des Digitalen Innovationszentrums Neubrandenburg eine große Rolle. Sichtbarkeit zieht sich als Bedarf durch Zielgruppen wie unter anderem Vereine, KMU, Gründer:innen, die über die klassischen Websites, die verschiedenen Social-Media-Kanäle sowie auch lokale und regionale Pressekanäle mehr Menschen erreichen wollen. Neben Workshops und Seminaren zur Websiteoptimierung, Sichtbarkeit über Google My Business, Zielgruppenanalyse und weitere bietet das Tandem mit der Digitallotsin für die Mecklenburgische Seen-platte und das südliche Vorpommern-Greifswald Impulse und Workshops zum Thema Instagramability an und unterstützt bei der Ideenfindung.

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