Die KI-Revolution in Marketing und PR: Texte, Tricks und Technologie

Christina Stein, Digitales Innovationszentrum Schwerin

Der Hype um Künstliche Intelligenz und Large Language Models ist in Normalität im Arbeitsalltag übergegangen. Marketingabteilungen in kleinen und mittelständischen Unternehmen werden ihre KI-Copiloten nicht mehr wegdenken können!

1. Large Language Models in Marketing und PR

Die Nutzung von KI hat 2023 zweifellos eine Revolution in der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing eingeleitet. Large Language Models (LLMs) stellen eine bedeutende Bereicherung dar – sei es als Sparringpartner bei der Content-Entwicklung, die Gestaltung von Kommunikationsstrategien, als Interpret für Daten wie Key Performance Indicators (KPIs) oder Bildbearbeitung und Erstellung.

Wir alle wissen um die Macht des Marketings, um auf einem unübersichtlichen Markt herauszustechen und gefunden zu werden. Die Positionierung der eigenen Marke und deren Produkte auf den diversen Social-Media-Kanälen mit ihren differenzierten Zielgruppen ist hierbei von besonderer Bedeutung.

Dem steht die durchschnittliche Teamgröße der Marketingabteilung eines Klein- oder mittelständischen Unternehmens ungleich entgegen. Es war nicht verwunderlich, dass gerade die Marketing- und PR-Expert:innen sich besonders auf die neuen KI-Anwendungen stürzten. Bekanntlich fallen sie in die Kategorie "early adopters" und gelten als technologieaffin. Ihr Anliegen war es von Anfang an zu prüfen, wie sie die neuen Tools nutzen können um zielgerichtete und effektive Inhalte zu erstellen, die genau auf die Zielgruppe zugeschnitten sind und optimal auf den relevanten Plattformen platziert werden können.

Im vergangenen Frühling 2023 lud das Digitale Innovationszentrum Vertreterinnen und Vertreter aus der Schweriner Marketing-Community zu der Veranstaltung „#schwerinlove“ ein. Nach einem Impuls zu den derzeitigen Entwicklungen und Möglichkeiten ging es direkt in einen intensiven Austausch untereinander. Die Möglichkeiten, die sich ergeben, LLMs als Schreibpartner zu nutzen, der mit uns in einem kreativen Ping-Pong-Spiel, Ideen und Inhalte entwickelt, wurde dabei als großes Potential und großer Mehrwert für Marketing und PR herausgestellt.

2. Large Language Models als Remix-Meister

Künstliche Intelligenz hat nicht nur die Art und Weise verändert, wie wir Inhalte erstellen, sondern auch, wie wir mit bestehenden Inhalten umgehen. Im Zeitalter des ständigen Wandels ist Evergreen Content nicht mehr das Nonplusultra. Stattdessen setzen wir auf die Kreativität der KI als Remix-Meister(in). Diese KI-gesteuerten Tools machen das Umschreiben von Inhalten zu einem mühelosen Unterfangen. Schluss mit langweiligem Paraphrasieren – die LLMs liefern den Inhalt in verschiedenen Stilen. Dazu mischen sie bestehende Elemente neu, passen Sprachstile an und schaffen so etwas Neues, das entsprechend der Zielgruppe und des Social-Media-Kanals angepasst ist. Eine Art Automatisierung in der Texterstellung, die dabei auch individuell bleibt.

Die Tonalität ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Kommunikation und hier tritt die KI als wahrer Sprach-Guru auf den Plan. Neuroflash und Co. können nicht nur schreiben, sondern auch den Tonfall verändern. Ob formell, informell, humorvoll oder sachlich – die KI kann den richtigen Sprachstil wählen und damit die Wirksamkeit der Kommunikation deutlich verbessern.
Nehmen wir die beiden Social-Media-Plattformen LinkedIn und Instagram als Beispiel. Letztere Plattform setzt auf Bilder und Bildsprache. Die Texte unter den Bildern sind kurz, prägnant und in der Du-Form geschrieben. Der Ton ist locker, positiv und auffordernd. Es zählen Schlagwörter und Emotionen, die oft mittels Emojis ausgedrückt werden. Praktischerweise liefern LLMs, wie ChatGPT, Emojis und auch Hashtags automatisch bei Texterstellung für diese Plattformen mit.

LinkedIn hingegen ist eine Business-Plattform und somit professioneller ausgerichtet. Ein gutes, authentisches Storytelling zählt mehr als Bilder. Das berücksichtigt auch ChatGPT. Die Texte sind länger und ihre Tonalität seriös und informativ. Je nach zugrundeliegender Kommunikationsstrategie und Zielgruppe kann der Ton mit dem richtigen Prompt in das LLM weiter spezifiziert werden, z.B. humorvoll oder provokativ. Davon abhängig ist ebenfalls das Duzen oder Siezen.

Diese Vereinfachung der Plattform-spezifischen Texterstellung ermöglicht nicht nur eine effizientere Nutzung von bestehenden Ressourcen, sondern eröffnet auch eine Welt voller kreativer Möglichkeiten, um sich Inhalten aus verschiedenen Perspektiven zu widmen. Der menschlichen Expertise bedarf es bei all der Automatisierung jedoch noch immer, beispielsweise um die ausgegebenen Texte zu prüfen und ihnen den letzten Schliff zu geben. Vor allem Authentizität und Individualität sowie die Übereinstimmung mit der eigenen Kommunikationsstrategie müssen geprüft werden.

3. Zwei Seiten einer Medaille: fehlende Diversität und Authentizität

Neben den Vorteilen, die der Einsatz von LLMs in Marketing und PR mit sich bringt, kristallisierte sich in unser Diskussion mit der Schweriner Marketing-Community während der Veranstaltung „#schwerinlove“, aber auch in der Reflektion unserer eigenen Nutzung, die Sorge, wie Diversität und Authentizität gewahrt werden können, heraus.

Die Vielfalt von Large Language Models (LLMs), wie dem führenden Modell ChatGPT und anderen vergleichbaren Modellen, ist maßgeblich von den verwendeten Trainingsdaten abhängig. Obwohl die kostenlose Version von ChatGPT, GPT-3.5, auf einer breiten Palette von Internetdaten trainiert wurde, bedeutet dies lediglich, dass sie Informationen aus verschiedenen Quellen integriert hat. Diese Tatsache spiegelt jedoch nicht zwangsläufig die tatsächliche Vielfalt wider, da bestimmte Arten von Inhalten im Internet möglicherweise überrepräsentiert sind, während andere eher unterrepräsentiert sein können.

Ebenso wirken Texte, welche von LLMs generiert wurden, (noch) nicht besonders authentisch. Das hat vielerlei Gründe, vier davon sind:

1. Mangel an tatsächlichem Verständnis der Sache

Large Language Models erfassen Muster und Zusammenhänge in den Daten, mit denen sie trainiert wurden. Sie haben jedoch kein tiefes Verständnis oder Bewusstsein für den Kontext. Dadurch können sie Texte erstellen, die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, aber bei genauerer Betrachtung inkohärent, redundant oder unplausibel sind.

2. Übergeneralisierung

LLMs haben gelernt, auf eine Vielzahl von Eingabeaufforderungen zu reagieren und neigen dazu, allgemeine oder vage Antworten zu generieren. Dies kann den Eindruck erwecken, dass der Text logischen Muster folgt, diese jedoch bei der Prüfung als falsch hergeleitet eingestuft werden können.

3. Fehlende persönliche Erfahrung und Emotionen

Die textgenerierenden KIs haben keine eigene Erfahrung oder Emotionen. Es können daher Schwierigkeiten auftauchen, authentische Gefühle oder menschliche Perspektiven in den generierten Texten auszudrücken. Texte können emotionslos oder mechanisch wirken. Dies ist gerade im Bereich Marketing und PR eine ungünstige und zu vermeidende Erscheinung.

4. Verwendung von generischen Phrasen

Während des Trainings der LLMs wurde eine Vielzahl von Texten aufgenommen, darunter auch viele Standardphrasen und Ausdrücke. Dies kann dazu führen, dass generierte Texte oft generisch oder vorhersehbar wirken, da sie sich auf häufig vorkommende Formulierungen und Textmustern stützen.

Schnell wurde im Diskurs und über die Wochen der Erfahrung klar, dass ein Prinzip der mehrwertschaffenden Nutzung der LLMs zu Grunde liegt: das gekonnte Prompting. Die Qualität der generierten Texte hängt stark von der Formulierung der Eingabeaufforderungen ab. Die richtigen Prompts stellen die wichtigste Stellschraube bei der Textgenerierung dar. Sie müssen eingeübt und getestet werden, führen am Ende dann zum gewünschten Ziel: die Erstellung von authentisch klingenden Texten, die auf Zielgruppe und Social-Media-Kanal abgestimmt sind.

4. Marketing und PR: KI-gestützt in die Zukunft

Dennoch sind solche Modelle immer noch Werkzeuge, die von Menschen mit einem kritischen Auge verwendet werden sollten, um sicherzustellen, dass die generierten Texte den gewünschten Standards entsprechen.

Nach einem halben Jahr seit unserer Veranstaltung bestätigen und verstärken sich unsere Erkenntnisse: Der Markt bietet mittlerweile eine beeindruckende Vielfalt an KI-Tools, die sich speziell auf die Bereiche Texterstellung und Marketing konzentrieren. Denn der Wille und die Akzeptanz der Nutzung sind in diesen Arbeitsgebieten vorhanden. Die Zukunft der Öffentlichkeitsarbeit (inkl. Marketing und PR) wird maßgeblich von innovativen Technologien geprägt, die die Arbeit von kleinen Marketing-Teams mit weitreichenden Folgen positiv, u.a. durch Automatisierung und die damit einhergehende Schonung von Ressourcen, verändern.

Kontakt
Christina Stein
Digitales Innovationszentrum Schwerin
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