Mareike Donath:
Liebe Hörerinnen und liebe Hörer,
vielen Dank, dass sie sich auch heute wieder die Zeit für den Podcast vom „Digitalen MV“ nehmen. 

Die fortschreitende Digitalisierung birgt große Chancen für kleine und mittelständische Unternehmen und den Einzelhandel bei uns im Land. 

Der Online Handel – ein Vertriebs- und Marketingweg, der mehr und mehr mitgedacht werden muss. In unserer heutigen Feature Folge des Podcasts vom “Digitalen MV” lenken wir den Blick auf die unterschiedlichsten Herangehensweisen an dieses wichtige Thema. 

Mein Name ist Mareike Donath und ich bin die Leiterin der Stabsstelle für Digitalisierung im Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ich spreche heute mit Macher:innen und Expert:innen aus dem Bereich Digitalisierung des Einzelhandels und stelle ihre digitalen Ideen und Projekte vor.

Vom Handwerksbetrieb zur Mediaagentur - Ich bin jetzt im Gespräch mit Christian Kleedehn aus Stralsund. Er ist Unternehmer und hat einen Malerbetrieb mit 25 Mitarbeiter:innen. Für Christian und sein Unternehmen ist die Nutzung von Social Media in puncto Sichtbarkeit zum entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. Tausende folgen seinen Social Media Profilen, die er stets mit Inhalten füllt. So begann auch unsere Podcastaufnahme, indem Christian zunächst einmal sein Instagram Profil öffnet und sagt: “So, ich bin hier im Podcast vom Digitalen MV mit Maike Donath”. Er gibt sein Wissen weiter und seit kurzem hat er dafür auch seine eigene Medienagentur gegründet. Sie dürfen gespannt sein aufs Gespräch. 

Christian Kleedehn:
Ja, mein Name ist Christian Kleedehn. Ich habe mein Malerbetrieb 2017 gegründet und wir sind mit fünf Malern und Hilfsarbeitern gestartet. Und bei uns war das wirklich so: Viele Unternehmer kennen es, sie sind einfach gefangen in diesem Hamsterrad. Und was passiert, wenn man Unternehmer erstmal ist? Gas. Man vergeudet sich maximal. Irgendwann stellt man fest: “Was? Ich stehe kurz vorm Burn Out? Da muss irgendwas passieren”. So war bei uns die Situation, da musste sich einiges ändern. Dann kam Social Media.                        
Mareike Donath:
Wie kommst du von einem aufs andere? Warum bist überhaupt zum Thema Social gekommen? Waren es die fehlenden Mitarbeiter? Was hatte ich eigentlich bewegt dabei?

Christian Kleedehn:
Das ist passiert, indem ich festgestellt habe, dass man wirklich Gutes tun muss, wo das Gute auch nach außen zeigen muss. Unsere Eltern haben uns früher immer beigebracht: “Sei mal bescheiden”, “Backe kleine Brötchen”, “Bleib mal auf dem Teppich”, “Dann hau mal nicht so auf den Putz” und all solche Sachen. Diese ganzen Regeln muss man erst mal komplett brechen. Wenn man wirklich Gutes tut, kann man das auch ruhig nach außen zeigen. Wir nutzen Social Media z.B. nicht zum Verkaufen. Wir zeigen einfach nur jeden Tag unsere Mitarbeiter. Und der Erfolgsstory ist eigentlich Storytelling. Klar kann man auch einen kleinen Pitch reinhauen und verkaufen. Aber sollte man wirklich 90%, Storytelling nutzen, dass man wirklich den ganzen Tag erzählt. Mal angenommen, der  Erik hat als Facharbeiter hier angefangen. Er ist jetzt Teamleiter, hat sich hochgearbeitet zum Projektleiter. Das sehen die anderen Leute und sagen: “Ich bin jetzt seit 16 Jahren in dieser Firma und bin immer noch ein kleiner Facharbeiter”. Wenn man das wirklich nach außen zeigt, dann kommen die Leute ohne Ende.
                        
Mareike Donath:                        
Deshalb wenn man zu dir möchte, wie ist dann der Weg? Wo findet man dich? Wie kann man sich bei dir bewerben? Und wie läuft dann das Bewerbungsverfahren eigentlich bei dir ab?
                        
Christian Kleedehn:                        
Die meisten Bewerbung kommen über Facebook und Instagram. Das heißt, sie verfolgen uns ungefähr schon ein halbes Jahr und sind sich noch unsicher. Und wir warten eigentlich immer auf diesen Moment. Das heißt, der Chef macht mal die Tür auf und ist cholerisch oder sagt Freitag, du hast dein Ziel schon wieder nicht geschafft. Und dann sagt er sich: “Mir fällt ein, ich habe die optimale Straße noch im Kopf”. So kommt der Erstkontakt. Dann wird er eingeladen zum Einzelgespräch und wir stellen natürlich die richtigen Fragen. Das ist ganz, ganz wichtig. 30 Prozent Fragen stellen, 70 Prozent zuhören - das ist auch ganz wichtig. Und wenn das alles wirklich gut funktioniert, dann darf er bei uns Probearbeit machen, mindestens zwei Tage. Und dann beginnt auch schon der Onboardingprozess. Ja, das ist so der erste Schritt.

Mareike Donath:
Wie kommt man dazu? Wie kann man sich solche Kompetenzen aufbauen? Wie hast du das geschafft, dich sozusagen in solche Themen mit rein zu sortieren?            

Christian Kleedehn:
Ganz viele Coachings gemacht, also ich habe ein Coaching gemacht bei Mission Mittelstand. Da haben wir auch den Award gewonnen und waren, glaub ich, die drittbesten. Und jetzt mache ich gerade ein Coaching für Social Media, das hat glaube ich 57.000€ gekostet. Das mache ich wirklich jeden Abend. Das kostet sehr viel Zeit, aber dieses Wissen bekommt man nicht auf ein Meisterschule. Ich habe übrigens kein Meister, Meister ist mein Partner René. Das bekommt man nicht in der Schule und das lernt man auch nicht “Learning by doing”. Man muss es wollen und man muss genau die Quellen suchen, wo man dieses Wissen vergräbt.                        

Mareike Donath:
Sich in den Kanälen zu bewegen, sich so sichtbar zu machen in der Öffentlichkeit, auch anhand der Nutzung von Social Media. Wie gehen deine Kunden damit um oder deine Mitarbeiter? Stieß das bei jeden auf fruchtbaren Boden oder gab es auch kritische Stimmen?                        

Christian Kleedehn:
Ja, also alle die, mit denen wir angefangen haben, sind heute nicht mehr. Glaube, einer ist noch da. Das ist der Marcel. Alle anderen wollten das Thema nicht. Wenn man wirklich diesen Weg geht, ist man ja in der täglichen Omnipräsenz und die Leute sehen einen. Und wenn man natürlich Feuer in sich dreht, zündet man auch andere an. Wirklich alle die Leute, die jetzt zu uns gekommen sind, haben uns ja über Social Media kennengelernt. Die wissen, auf was sie sich einlassen. Unsere Kunden sind schwer begeistert oder auch unsere Mitbewerber, unsere Konkurrenz. Erst war es wirklich so, dass wir uns ignoriert haben, dann wird man belächelt und jetzt werden sie uns unsere Follower und schicken uns Freundschaftsanfragen, weil sie genau wissen wollen, wie hat er es gemacht. Wir bauen hier nebenan gerade ein TV-Studio, da sind die Elektriker drin. Das heißt, wir haben jetzt wirklich gerade vor, ein TV-Studio zu bauen. Jeden Freitag strahlen wieder unsere Erfolge aus, was wir die Woche geschafft haben. Durch diese ganze Sache ist ja auch eine Social Media Agentur entstanden, wo wir jetzt wirklich schon 22 Handwerksbetriebe aus MV, aus Bremen, aus Hamburg, aus Bayern unter Vertrag haben. Da werden wir natürlich dann auch die Gäste einladen und sagen, was bis dato passiert ist, wo standest du vorher und wo stehst du heute? Wie viele Mitarbeiter kannst du durch Social Media gewinnen? Das wollen wir natürlich auch in die Welt strahlen.                        

Mareike Donath:                        
Christian - Vom Handwerksbetrieb bis zur Gründung einer Medienagentur, dann entwickelst du für dich auch neue Geschäftsfelder. 

Christian Kleedehn:
Richtig, genau. 

Mareike Donath:
Christian, wenn man mit deinem Team mitläuft, sich so verändert, mit dir, wie du es brauchst. Was für Kompetenzen brauchen deine Mitarbeiter?                

Christian Kleedehn:                
Ja, Teamfähigkeit, unternehmerisches Denken, Zuverlässigkeit, Loyalität, sind ganz wichtig. Alles andere kann man wirklich den Leuten beibringen. Wenn wirklich alles in System und Strukturen gepackt ist, ja, dann passiert da gar nichts weiter. Die Fehlerquote ist gering, die Motivation bleibt hoch.                        

Mareike Donath:                        
Wie motiviert man Maler, jeden Tag wieder mit einem gesunden Lächeln aufzustehen? Mit den Gedanken “ich freue mich auf die Arbeit”. Wie schafft ihr das?            

Christian Kleedehn:                    
Fange ich nochmal mit Hamsterrad an, wo wir eingestiegen sind. Früher war das wirklich so: Der Tag war bei mir gestartet. Morgens aufstehen, das Lager aufschließen, Material besorgen, die Leute einweisen, Angebote schreiben, Rechnungen schreiben, zum Kunden fahren, zwischendurch noch Pausen, Telefonate und abends war der Zettel weg. Heute ist es wirklich so aufgebaut, dass wir die Facharbeiter haben. Da drüber sind die Teamleiter, dann kommen die Projektleiter und dann kommt die Geschäftsführung, das Backoffice und das Social Media Management. Dazu gibt es auch wirklich Kommunikationsketten und so sind wirklich alle Aufgaben verteilt. Dadurch ist die Fehlerquote einfach nur sehr gering.  

Mareike Donath:                
Wie kommt man darauf? Das ist eine echte Struktur, eine richtig echte Arbeitsorganisation, die dahinter steckt. Wie hast du dich mit auseinandergesetzt?    

Christian Kleedehn:                        
Wenn man selbst so ein bisschen den ganzen Tag durch Social Media scrollt, dann findet man so viele Coaches und viele haben da wirklich große Skepsis vor, aber es ist wirklich der größte Wahnsinn. Als Unternehmer ist es wirklich einfach nur “alles beim Alten belassen”. Man muss einfach mal neue Wege wagen und wenn man Unternehmer ist, muss man was riskieren. Wenn man sich auf solche Coachees einlässt. Viele fallen auch durchs Sieb, aber wenn man die richtigen findet, bringt die einem das bei. Das ist der Trick.          

Mareike Donath:                        
Christian, deine drei Erfolgsfaktoren, wenn es vier sind auch okay, für ein erfolgreiches Unternehmen.                    

Christian Kleedehn:                    
Erstmal Weiterbildung, dann System, Struktur und Prozesse einführen, dann Social Media unbedingt nutzen und ganz wichtig: Verantwortung abgeben, einfach mal loslassen.      

Mareike Donath:                        
Was ist dein nächstes Projekt die nächsten zwölf Wochen, was wir vorgenommen hast?

Christian Kleedehn:                        
Also die nächsten Wochen geht es wirklich nur step by step. Immer weiter Verträge closen und den Menschen wirklich helfen, die Probleme und Herausforderungen von ihnen lösen. Dann hatten wir letzte Woche einen Notartermin. Da haben ein Grundstück von knapp 3.000 Quadratmeter gekauft und da wollen wir eine riesen Halle bauen (1.600 Quadratmeter). In dieser Halle wollen wir eine kleine Stadt bauen. Das heißt eine Social Media Burg in einer Analystenburg und einer Vertriebsburg, in diese Halle kommt ein großer Pool. Das soll wirklich so ein schöner Arbeitzplatz werden, wie Google und Facebook hat. Das du ein attraktiver Arbeitgeber wirst. Und ja, das ist so unser nächstes Ziel für 2022. Das wir wirklich Social Media hier in MV wirklich vorantreiben. Und ja, das ist so mein Anliegen.                    

Mareike Donath:                            
Von Stralsund geht es jetzt nach Seewalde an die Seenplatte, südlich von Wassenberg, zu Luzi Graf. Luzi Graf lebt mit Max zusammen und stellt tolle Sachen aus Holz her. Von Möbeln bis hin zu Lampen - Alles Mögliche in Handarbeit. Über “MaxLuzi” sind sie bekannt geworden, haben Sichtbarkeit erlangt über ihren Onlineshop und verschiedene Social Kanäle. Ich bin jetzt im Gespräch mit Luzi Graf. Sie erzählt uns, wie alles anfing, was sie gerade bewegt, wohin ihre Reise sie führen wird, zusammen mit Max. Aber hören Sie gern selbst.                        

Luzi Graf:                        
Wir sind Max und Luzi. Wir nennen uns “MaxLuzi”. Ganz einfach. Max und ich haben uns 2014 kennengelernt, privat und sehr gern gehabt und haben gleich gemerkt, dass wir auch beruflich gut zusammenpassen. Ich bin Innenarchitektin und der Max ist gelernter Zimmerer. Ich habe damals lange Zeit im Licht Design Bereich gearbeitet und Max Leidenschaft war schon immer das Drechseln. Wir haben uns eigentlich in Bayern, unserer ursprünglichen, unserer Heimat kennengelernt. Wir kommen auch beide aus Niederbayern, sind beide auf dem Land groß geworden. Max war drauf und dran, hier ein Hof-Projekt zu starten, in Mecklenburg-Vorpommern, auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Und ich bin dann einfach kurzerhand blindlings mitgekommen und habe mir gedacht: “Wenn ich jetzt, wann dann”? Und so haben wir erst hier ein Hof-Projekt gestartet und haben Werkstätten aufgebaut. Nachts haben wir dann in seiner Werkstatt gestanden und haben zusammen Lampen gebastelt und kleine Sachen erschaffen. Und irgendwie sind wir dann auch drauf gekommen: Wie wäre es mal mit einer gedrechselten Lampe? Dann hat sich Max dran gewagt und wie das mit dem Handwerk so ist, es ist alles Übung. Mittlerweile schafft er es wirklich zur Präzision - Wirklich wunderschöne, hauchdünn gedrechselte Lampen. Und wir haben uns auch so ein bisschen weiterentwickelt in unserem “MaxLuzi”. Am Anfang war es eigentlich eher eine Spielerei. “MaxLuzi” heißt ja auch maximales Licht, wenn man das so übersetzt. Also irgendwie passen unsere Namen auch so in dem Kontext ganz gut zusammen. Ja, mittlerweile sind wir zu einem kleinen Unternehmen herangewachsen. Einen  Onlineshop haben wir eigentlich auch schon von Anfang an gemacht. Dann so auf Etsy, so ein bisschen rumgespielt und auf so Plattformen, wo man halt so privat Sachen anbieten kann. Und mittlerweile haben wir aber jetzt auch eine eigene Homepage und die läuft ganz gut. Gott sei Dank. Was unser Kontext so bei dem Ganzen, bei unserer ganzen Arbeit ist, also wir arbeiten wirklich mit Präzision und wir wollen wirklich qualitative Sachen herstellen. Wir wollen nicht so der Wegwerfgesellschaft beitreten, sondern wir wollen wirklich unsere Sachen, dass unsere Sachen langlebig sind und vielleicht sogar für ein ganzes Leben erschaffen werden. Deswegen unterziehen sich alle Produkte bei uns einer Qualitätskontrolle, also unserer eigenen, und wir sind manchmal ziemlich streng mit uns.                        

Mareike Donath:                        
Was man sehen kann im Onlineshop: Ihr habt Lampen, Möbel, Kerzenständer habe ich gesehen, Stifte, Becher, Eierbecher. Alles mögliche und tatsächlich wunderschöne, filigrane Dinge, die natürlich fürs Leben gemacht sind. Wer sind denn eigentlich eure Kunden? Wer interessiert sich für eure Ware?                        

Luzi Graf:                        
Seit 2018 haben wir eine kleine Galerie und dadurch bekommen wir unsere Kunden im Sommer eins zu eins mit. Die meisten Leute, sage ich mal, kommen durch Zufall her. Und der, der eine Lampe will, der verliebt sich auch sofort in sie. Man merkt es dann schon gleich beim Reinkommen. Manchmal dauert es ein bisschen und manchmal schlagen sie gleich zu. Also es ist eigentlich - Unsere Kunden sind durch die Bank Alters unterschiedlich, von jung bis alt. Ich sag mal, alle haben vielleicht so ein bisschen ein Bewusstsein für das Handwerk. Wir erzählen natürlich auch in unserer Galerie dann eins zu eins persönlich, wie wir arbeiten, was wir machen und das unser Hintergrund ist, nachhaltig und ökologisch zu handeln. Unsere Kunden haben einfach ein Bewusstsein dafür oder wollen uns und unsere Geschichte auch ein bisschen unterstützen. Genau und Naturliebhaber natürlich. Wenn man eine Holz Lampe will, dann muss man auch so ein bisschen die Natur lieben.                    

Mareike Donath:                        
Eure Homepage und euer Onlineshop ist auch sehr ansprechend, wenn man drauf schaut. Auch da spürt man eine gewisse Verbindung zu dem Thema. Wie habt ihr euch damit auseinandergesetzt? Wie kommt man dann zu solchen Gedanken? Habt ihr jemanden beauftragt? Habt euch selber damit auseinandergesetzt? Sich digital zu präsentieren ist ja nicht gleich sich analog zu präsentieren. Wie seid ihr mit dem Thema umgegangen?                        

Luzi Graf:                        
Ja, das stimmt. Es ist ein langer Weg und der ist auch immer noch nicht zu Ende. Max kennt sich auch ziemlich gut mit Computern aus. Deswegen haben wir das eigentlich von Anfang an immer selber gemacht. Und da wir eben nicht vom Fach sind, sind wir da eigentlich ziemlich naiv und unvoreingenommen reingegangen. Also man präsentiert sich irgendwie. Wir haben uns jetzt keine Strategie ausgedacht, wie wir uns präsentieren, sondern einfach, was wir sagen wollen, was wir zeigen wollen. Wir haben es so gut es geht umgesetzt, so kommt es eigentlich alles aus uns raus. Wir haben uns da jetzt nicht irgendwie großartig einen Plan gemacht, wie wir uns präsentieren, sondern wir präsentieren uns so, wie wir sind, genauso wie wir das hier in der Galerie machen.

Mareike Donath:                        
Wer findet euch? Wo kommen die Leute her? Sind die in ganz Deutschland unterwegs oder eher Mecklenburg-Vorpommern? Wer nutzt euren Onlineshop?            

Luzi Graf:                        
Eigentlich kommen unsere Kunden aus ganz Deutschland. Die meisten aus Norddeutschland, sage ich mal, weil wir auf vielen Regional-Plattformen vertreten sind und ein paar Zeitschriften auch hier in der Gegend erscheinen. Im Grunde kommen sie aber aus ganz Deutschland. Das ist ja das praktische am Onlineshop. Deswegen können wir hier im Nirgendwo sozusagen wohnen. Im Winter ist es wirklich sehr sehr ruhig hier und können aber trotzdem online unser Geld verdienen.                

Mareike Donath:                        
Authentizität und digitaler Wandel. Aus deiner Sicht - Unterstützt dich das in deinem Tun? Alles verändert sich. Empfindest du das für dich eher als Chance, für euer Schaffen oder z.B. Thema Datensicherheit und was das alles beachten muss -  Sind das für dich eher Punkte, die dich lahmlegen in deinem kreativ sein?                    

Luzi Graf:                        
Ja zum Thema Datensicherheit oder alles was da mitschwingt - Das sind halt die Sachen, die man einfach beachten muss, die mitkommen. Aber im Großen und Ganzen ist das eine wahnsinnige Chance. Auf dem Land gibt es einfach nicht so viele Möglichkeiten zu arbeiten. Von dem her ist es eine riesen Chance für die Leute, die sich online verwirklichen oder einfach digital arbeiten wollen, dass sie wohnen können, wo sie wollen. Und das ist doch ist gut, dass die Leute sich das aussuchen können. Also das ist schon sehr sehr cool.  

Mareike Donath:                        
Es ist cool, es darf wachsen, ihr dürft sozusagen euch dort festigen. Was sind für dich immer wieder Themen für deine Arbeit, auch in Bezug auf der digitale Wandel? Wie hält der Einzug? Welche Wünsche hättest du, damit du sagst: “Oh, jetzt habe ich ein Gefühl, ich bin noch stabiler mit dem was ich tue und ich kann wachsen. Was brauchst du dafür? Welche Wünsche hättest du?

Luzi Graf:                    
Ja, also da wir, wie ich vorhin schon sagte, nicht wirklich vom Fach sind was den digitalen Auftritt betrifft, wünsche ich mir eigentlich auch so ein bisschen an die Hand genommen zu werden von Leuten, die das können. Ich weiß,  dass es z.B. von der IHK auch Kurse gibt. Da fehlt mir leider irgendwie nur die Zeit dazu. Für mich persönlich wünsche ich mir, dass ich mich da auch weiter bilde, weil alles kann ich mir auch nicht selber beibringen. Irgendwann stößt man dann doch irgendwie auch auf das Ende von seinem Latein, wenn es heißt Marketing oder der digitale Auftritt.                 

Mareike Donath:                        
Luzi ein Online-Shop -  Reicht das aus, um präsent, um sichtbar zu sein?    

Luzi Graf:                        
Nein, weil man hat den Onlineshop und dann findet einen keiner. Wir machen ganz viel jetzt natürlich über Instagram, aber auch über Facebook. Unser Onlineshop ist sehr clean gehalten bzw. da gibt es unsere Produkte zu kaufen. Da gibt es ein bisschen unsere Geschichte. Auf Instagram laden wir die Leute so ein bisschen ein, an unserem täglichen Leben teilzunehmen. Wir versuchen wirklich zu posten und Fotos zu zeigen. Von unseren Produkten natürlich, die ganz neu sind, die wir noch nicht eingeschweißt haben, schon mal so eine Vorschau zu machen. Aber auch eben Werkstattvideos und Werkstattfotos, wie der Max dasteht und drechselt oder wie unsere Mitarbeiterin hier die Hocker ölt. Einfach, dass die Leute bei uns mit dabei sind. Darüber, muss ich sagen, finden uns relativ viele. Und das macht uns auch sehr viel Spaß, weil es einfach schnell gepostet ist und man auch wirklich sofort eine Reaktion der Leute bekommt. Über Instagram verkaufen wir auch teilweise auch schon, dass uns die Leute anschreiben und wir so dann auf unseren Onlineshop verweisen. Manche Leute brauchen ja so ein bisschen persönliche Leitung. Onlineshop allein reicht nicht.                        

Mareike Donath:                        
Das heißt die Kundenbindung, die du im Laden erzeugst durch eure wertvollen Gespräche, durch das Mitnehmen. Das schaffst du momentan über Insta.    

Luzi Graf:                        
Genau, das versuchen wir so über Instagram rüberzubringen, weil jetzt kommen keine Touristen mehr zu uns in die Galerie in der Jahreszeit.            

Mareike Donath:                    
Jetzt zieht es uns nach Basedow, ein klein wenig in Richtung Norden, in die Mecklenburgische Schweiz. Hier macht das Bündnis Meck-Schweizer mit einem per App bestellbaren Fretbüdel von sich reden. Dörte Wollenberg ist mit uns im Gespräch. Sie ist Vorstandsmitglied der Genossenschaft ELG Mecklenburgische Schweiz eG. Sie erklärt uns, was es mit Meck-Schweitzer und dem Fretbüdel auf sich hat.            

Dörte Wollenberg:
Ja, wir nennen uns kurz die Meck-Schweizer und das ist unsere Marke, mit der wir Regionalvermarktung in unserer Region organisieren. Das heißt konkret, dass die Genossenschaft im Internet eine Handelsplattform betreibt, auf der Produzenten ihr Angebot selbstständig einstellen können. Also ein Gärtner, ein Bäcker, einen Fleischer, eine Seifensiederei oder was auch immer es schönes gibt in der Region. Sie stellen ihr Angebot ein und auf Käuferseite sind dort Händler und Gastronomen eingeladen, Regionalprodukte zu bestellen. Es ist eine reine B2B-Plattform (Business to Business), die sich an den Geschäftskunden wendet. Genau diesen Marktplatz betreibt die Genossenschaft. Ja, das ist so das Projekt der Genossenschaft. Wir brauchen dazu noch weitere Instrumente, um das dann ganz bis zum Schluss abzuwickeln. Und zwar haben wir einen Logistik Partner an unserer Seite. Das ist die Meck-Schweizer GmbH, die dann ganz praktisch auch in der Gegend unterwegs ist und die Sachen abholt und ausliefert, damit das eben auch ganz praktisch geschieht. Wir haben auch noch einen ideellen Partner. Das ist das Regionalbündnis Mecklenburgische Schweiz e.V., ein gemeinnütziger Verein, der sozusagen als Hüter der Idee ideell auf das Thema guckt.            

Mareike Donath:                        
Dörte ihr seid eine ganz wunderbare Community, eine Initiative, die die Arme weit ausstreckt, um regionale Produzenten und Händler mitzunehmen, sie zu vermatchen, damit die Wertschöpfungsprozesse im Land bleiben. Doch viele tun  sich aber damit noch schwer, sich sichtbar zu machen, online zu gehen. Was meinst du, woran liegt das?                    

Dörte Wollenberg:                        
Ja es ist einfach: “Was ich nicht kenne, das will ich ja erst mal nicht”. Veränderung ist immer schwer, für jeden von uns. Man kennt es persönlich. Man muss einfach nur mal bei sich gucken, wie gern man neue Dinge macht. Auch wenn es dann vielleicht noch einen Verlust an Komfort ist oder einfach Gewohntes hinter sich zu lassen. Und das macht man nicht gern. Und so geht es unseren Produzenten manchmal auch, die einfach noch wenig Umgang mit Computertechnik und dem ganzen Vermarkten online hatten. Die brauchen dann schon noch ein bisschen persönliche Begleitung. Das haben wir eben zum Anfang auch ziemlich intensiv gemacht. Es ist aber schön zu merken, wenn man das ein, zwei Mal so ein Produkt eingestellt hat, dann wird das nachher ganz leicht und kann dann auch selbst bewältigt werden. Viel schwieriger für uns ist als Meck-Schweizer die Käuferseite, weil da doch eine sehr starke Bindung an den herkömmlichen Großhandel besteht. Da zu sagen: “Ok, zu meinem Großhändler, der mir alles bringt, mache ich jetzt auch noch eine zusätzliche Bestellung mit regionalen Produkten bei einem anderen Lieferanten”. Das ist für viele irgendwie offenbar schon eine recht große Hürde. Wenn man auf die Kosten guckt, oft ein bisschen kostenintensiver und das natürlich auch ein Grund. Das muss man eben schon aktiv wollen, diese Produkte zu verkaufen, zu verarbeiten und eben auch diese etwas höheren Kosten in Kauf nehmen.

Mareike Donath:                        
Schauen wir doch mal auf die Produzentenseite. Wie ist er digital aufgestellt? So ein typisches Unternehmen, was regional produziert und macht sich jetzt auf in die Welt, in den Onlinehandel.    

Dörte Wollenberg:                        
Es ist wirklich sehr unterschiedlich. Wir haben wirklich so kleine Produzenten, die bisher nur Direktvermarktung gemacht haben und erstmalig bei uns mit Onlinehandel in Kontakt kommen. Dann gibt es so mittlere Unternehmen, die schon vielleicht ein paar Mitarbeiter haben und auch einen eigenen Shop betreiben, für die es immer die Frage: “Möchte ich jetzt mein Produkt noch woanders einstellen? Bringt mir das überhaupt etwas”? Und dann gibt es auch noch so ganz große Unternehmen, die haben wir auch manchmal, die eigentlich gar nicht für einen Regionalmarkt produzieren, herkömmlicherweise. Für die ist dieses Thema Regionalhandel einfach auch total interessant, um sich irgendwie vielfältiger aufzustellen und was Neues auszuprobieren. Ja das sind, so würde ich sagen, die drei Anbieter Typen, mit denen wir hier so zu tun haben.                

Mareike Donath:                        
Beim Schmökern habe ich euren Fretbüdel entdeckt. Der ist für einen Kunden, richtig?

Dörte Wollenberg:                    
Genau. Das ist das Projekt, mit dem wir vor ungefähr zwei Jahren nachgezogen haben. Nach unserer B2B Plattform haben wir ein Produkt für den Endkunden entwickelt und das ist unser Fretbüdel. Das ist Plattdeutsch und heißt “Beutel”, würde man vielleicht auf Hochdeutsch sagen. Unser Lieferservice für den Endverbraucher mit frischen regionalen Produkten. Also da packen wir Brot, Butter, Käse, Gemüse, Obst zusammen und einen Rezeptvorschlag, was man eben aus diesem Angebot schönes zaubern könnte und liefern es an Haushalte und auch an Abholstationen für die Städte, die etwas weiter weg sind. So wie Rostock zum Beispiel. Da liefern wir ein Abholstationen, von denen sich dann der Kunde seinen Büdel abholen kann.        

Mareike Donath:                        
Liebe Zuhörer:innen, ich habe es selber ausprobiert. Meiner Familie hat das sehr gemundet und gesund zu essen, das fanden wir ganz toll. Ich wohne in Schwerin und hab gesehen, bis dahin geht es leider nicht.        

Dörte Wollenberg:                        
Das Ziel ist, dass wir das ganze Land irgendwann versorgen können. Im Moment mit den zwei Portalen, wird es erstmal für Vorpommern und für die Region um Wismar. Und dann brauchen wir noch so für Süd bis südwestliches Mecklenburg wäre ein viertes Portal noch total schön. Ich glaube, dann hätten wir die Fläche so ungefähr abgedeckt von ganz MV.

Mareike Donath:                    
Für die Zukunft des ländlichen Raumes. Wir haben alle ein gutes Bauchgefühl, da geht noch mehr. Da wird der Trend hingehen. Freiraum für sich, Freiraum für die Ideen. Wie schätzt ihr das als Meck-Schweizer ein? Wohin geht denn konkret die Reise?        

Dörte Wollenberg:                        
Ja, was wir beobachten ist schon, dass sich der Raum um uns herum, Mecklenburgische Schweiz ist ja wirklich so mittendrin im Land und eigentlich sehr, sehr dünn besiedelt und auch recht unbekannt außerhalb. Der Eindruck, den wir haben, ist, dass sich das so langsam ändert und irgendwie jedoch immer mehr Leute jetzt rausgezogen sind, auch hier in unsere Region. Viele junge Familien, die einfach auch unheimlich dankbar sind für die Strukturen, die wir jetzt zum Beispiel hier schaffen und da in die Richtung muss es weitergehen.                        

Mareike Donath:                        
Von drei ganz unterschiedlichen Seiten haben wir nun gehört, anhand von vielen eindrucksvollen Beispielen, wie Digitalisierung als Katalysator für den Handel wirken kann. Nun nähern wir uns dem Thema noch einmal von einer technischen Seite. Robert Tech, Gründer und Geschäftsführer von Assecor, stellt sich kurz einmal selbst vor.

Robert Tech:                        
Hallo Mareike, schön, dass ich da sein darf bei euch. Kurz zu mir. Ich bin Geschäftsführer und Gründer der Assecor / Gruppe. Mittlerweile sind es ein paar Firmen. Wir sind ein typisches IT Haus. Wir sind diese Digitalisierer, von denen man immer redet. Wir sind die, die durchs Land ziehen und helfen, ich sag mal so, alles in die digitale Welt umzusetzen - Unternehmen, öffentliche Verwaltung, beraten und dann mithelfen bei der Umsetzung.

Mareike Donath:                        
Bei wem fliegt ihr ein als fleißige digitale Bienchen?                    

Robert Tech:                        
Also in der Gruppe ist es sehr breit. Es sind in der Gruppe mehrere Firmen, begonnen von der blanken Infrastruktur, im Sinne von mit den Begriffen immer alle umgehen können, von dem ich wusste von on primus Umgebungen zu wir gehen alle in die Cloud. Das ist nicht schwarz weiß, sondern da gibt es ganz viel grau dazwischen. Wir helfen dabei, die richtigen Konzepte zu machen, richtig aufzubauen und umzusetzen. Über die Anwendungsberatung,  Prozessberatung -  also was hast du da eigentlich für eine Anwendung bei dir im Haus? Oder auch nicht? Welche Prozesse hast du da eigentlich? Oder auch nicht? Was brauchst du eigentlich? Was ist deine Erwartungshaltung, was sind deine Anforderungen? Dabei helfen wir dann, das umzusetzen mit hoffentlich gegebenen Mitteln. Und wenn der Standard nicht mehr erreicht, dann haben wir auch einige Mitarbeiter, die für Kunden Software entwickeln. Und als letzter Zugang haben wir Digital Agentur mit dazu bekommen, wo wir dann auch dabei helfen, Kunden Themen digital bekannt zu machen. Das ganze Thema Software bauen, das machen wir schon Jahre, das können wir. Und das ganze Thema Marken digital zu vermarkten - Das ist neu dazugekommen, also ein relativ breites Spektrum.

Mareike Donath:                        
Robert, Kunde ist ja nicht gleich Kunde. Was sind so die typischen dicken Steine, die in jedem Kundenprozess auf dem Weg liegen? Was muss abgeräumt sein? Was begegnet dir immer wieder?                        

Robert Tech:                        
Also ich glaube, das meiste ist, dass sich die Kunden erst oft während des Prozesses, je nach Erfahrungsgrad, erst Gedanken machen, was sie eigentlich wollen. Die meisten Kunden wissen gar nicht, was sie wollen. Ich komme dann immer mit diesem schönen Vergleich. Lieber Kunde, du willst keine Waschmaschine, glaubst mir. Und wir müssen auch nicht darüber reden, ob es ein Frontlader oder ein Toplader ist. Du willst nicht am Wochenende im Keller stehen und waschen und aufhängen, das willst du alles nicht. Du willst saubere Wäsche im Schrank. Lass uns doch bitte über die saubere Wäsche reden und danach, wenn wir das geklärt haben, reden wir bitte über potenzielle Waschmaschinen oder Wäscheservice. Das ist, was man bei vielen Kunden erst mal aufbrechen muss, dass das Mindset in so eine Richtung geht, worüber man sich eigentlich unterhält. Viele Kunden kommen schon mit einer vorgefertigten Idee. Die kann gut sein, muss aber nicht. Das entwickelt sich dann ganz oft während des Projektes und es kann dann dieser Effekt einsetzen, dass weil man  ja eine andere Erwartung und man nur begrenztes Budget hatte, dass das alles nicht so richtig funktioniert, wie man sich am Anfang vorgestellt hat. Deswegen ist es ultra wichtig, gleich von Beginn an sehr klare Worte zu finden, sehr offen zu sein und zu gucken, dass man zueinander passt. Ich kann auch die Waschmaschine liefern. Nur ob der Kunde damit glücklich wird, ob er sie bedienen kann und ob er sie bedienen wird, das ist noch eine ganz andere Hausnummer, über die sich die Kunden auch keine Gedanken machen.        

Mareike Donath:                        
Was macht ein Digitalisierungsprozess innerhalb des Unternehmens erfolgreich? Was sind die drei Erfolgsfaktoren deiner Ansicht nach?                        

Robert Tech:                        
Also da gibt es ja ganz viele Statistiken zu wo man sagt, das sind die Erfolgsfaktoren von solchen Projekten. Und tatsächlich muss ich das leider unterstreichen, dass Dahinterstehen der Führung, dass das auch wirklich gemacht wird, das man es vorlebt, mitmachen und durchsetzen. Ich unterstreiche insbesondere auch nochmal das Wort durchsetzen. Es ist extrem wichtig, weil wenn man so was macht, so ein Projekt macht, müssen oder werden Menschen ihre Komfortzonen, die sie aktuell haben, verlassen müssen. Das ist nicht immer einfach. Es muss von oben gewollt, gewünscht und vorgelebt werden, damit so ein Projekt erfolgreich wird. Natürlich auch Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation und was ich gerade schon gesagt habe: vorher wissen, was ich eigentlich will oder vorher wenigstens die Ressourcen bereitstellen, die in diesem Projekt benötigt, damit es erfolgreich wird und nicht einfach nur sagen: “So, ihr seid ihr jetzt da, du mach mal und es wird schon irgendwie” In der Regel sind das gemeinsame Projekte, wo wir dabei helfen, aber eigentlich geht es darum, den Kunden zu enablen, also zu befähigen, dass er das am Ende selber kann. Dass er das, was dann eingeführt wird, auch bedienen und auch tragen kann. Das ist extrem wichtig.    

Mareike Donath:                        
Robert, du bist gewachsen. Es sind immer mehr Geschäftsfelder bei dir dazugekommen. Du bist jetzt mittlerweile in einer Gruppe. Wie war deine Reise? Die wichtigsten Meilensteine - Erzähle sie gerne unseren Hörer:innen.            

Robert Tech:                        
Also angefangen habe ich eigentlich mal während des Studiums. Da bin ich in eine studentische Beratung eingestiegen und bin dann drei Monate später tatsächlich gleich zum Vorstand geworden, hatte dann 50 Studenten. Ich war für die verantwortlich, indem ich Projekte heran holen sollte. Und so ging das eigentlich los. Nach dieser Zeit in dem Verein kamen halt immer mehr Projekte. Das musst du dir so vorstellen, es waren damals immer GbR’s. Man ist dann immer Vollhafter mäßig durch die Gegend gelaufen. Mit der Zeit wurde es immer größer, erst war die erste GmbH da, dann die zweite GmbH. Das wurde immer größer. Dann kommen irgendwann Zukäufe. Heute sind wir in der Gruppe an die 120, 130 Mitarbeiter, verteilt auf Nürnberg, Hannover, Stralsund und Berlin. Das ist sehr kurz zusammengefasst.

Mareike Donath:                        
Das klingt natürlich nach einer Erfolgsgeschichte. Was waren Dinge, wo du sagst, das ist gar nicht gut gelaufen?

Robert Tech:                        
Auch da würde ich sagen gibt es einiges. Ich glaube, da würden wir heute keine 120, 130 Leute sein, dann wenn wir 1.000, wenn alles gelungen wäre. Es ist natürlich auch viel schiefgegangen und viel nicht so gelaufen, wie man sich das vorgestellt hat. Ich mach das jetzt seit 17 Jahren. Da gab's, wenn man sich zurückerinnert, auch ein paar Talsohlen in der Wirtschaft, Immobilienkrisen und was weiß ich, was es da alles gab. Das haben auch wir zu spüren bekommen. Und ich würde sagen, dass ich in der Zeit, also bestimmt auch ein, zweimal, auf dem Konto die Null Grenze gesehen habe oder drunter lag. Weil es nicht so geklappt hat, weil Kunden abgesprungen sind, weil Großkunden abgesprungen sind, wo dann plötzlich 20 Mitarbeiter keine Arbeit mehr hatten, die ich aber nicht entlassen wollte. Da habe ich  quasi von der Substanz gelebt, bis wir wieder neue Projekte gefunden hatten. Also da sind schon auch Dinge nicht immer gut gelaufen und ich glaube, daraus habe ich viel gelernt, dass es hoffentlich so was heute nicht mehr gibt. Aber nichtsdestotrotz will ich dazu sagen, wenn man sich immer so vorstellt so ein Unternehmen, die machen zig Millionen Umsatz und da muss ja alles glänzen. Also ich sag mal so - Schlecker ist ja nicht umsonst insolvent gegangen mit ihren Millionen von Umsatz. In jeder Größenordnung die man hat, kann man Fehler machen und Fehler werden in der Größenordnung wo wir sind immer schmerzhafter. Das heißt, als ich klein war, dachte ich so: “Wenn man die erste Million Umsatz hat, Mensch, da wird alles besser, alles toller”. Als es erreicht wurde, dachte ich, es ist ja gar nicht so. Wenn man dann mal auf zwei bis drei Millionen kommen - Mensch, dann ist alles besser. Aber es ist  ja gar nicht. So, jetzt sind wir in der Gruppe, haben bald die 20 erreicht und ich würde sagen, die Amplituden werden größer, also die Gehälter, die man zahlen muss für 130 Mitarbeiter sind einfach viel, viel größer. Die Einnahmen, die jeden Monat generiert werden müssen, sind viel viel größer und die müssen halt da sein. Ich würde sagen wir wachsen aktuell immer weiter. Es ist auch alles sehr positiv. Wir sind auch sehr gut vernetzt und haben auch sehr gute Prozesse aufgebaut. Das Ziel ist es tatsächlich, dass auch wenn mal ein Sturm wieder kommen sollte in Zukunft, das die Truppe trotzdem stehen bleibt und nicht umgefegt werden kann. Das ist immer so der Hintergedanke so viel Mitarbeiter wie möglich, die man durch den Sturm durchbringt. Auch mit dem Wissen, dass vielleicht nicht alle sein werden, aber so viele wie möglich. Wenn wir das geschafft haben, dann ist es glaube ich ziemlich cool für alle.  

Mareike Donath:
Und wir versuchen die Mecklenburg-Vorpommern ganz viele Unternehmen zu motivieren, sich auch digital sichtbar zu machen, regionale Produkte, die man vielleicht möglicherweise selbst erzeugt, sichtbar zu machen, dass die ganze Welt weiß, was man da eigentlich hat. Viele, die loslaufen und sich selber einen Onlineshop bauen lassen oder sich an der einen oder anderen Initiative mit beteiligen. Es gibt auch ganz viele, die Sorgen und Ängste haben, ob das überhaupt was bringt das Ganze? Was sollte die Unternehmen motivieren aus deiner Perspektive, sich überhaupt mit dem Thema Onlinehandel auseinander zu setzen?

Robert Tech:                        
Da gibt's ja verschiedene Themen. Also erst mal bin ich ein großer Fan davon und ich bin auch ein großer Fan davon, im Netz tatsächlich kleinere Händler, kleinere Firmen zu finden, die Dinge anbieten, die nicht jeder hat. Worauf sich MV eingestellt hat, ist das ganze Thema Tourismus. Also kleinere Händler kennen halt, ich sage mal so die Zyklen im Jahr, wann viele Touristen da sind, was für Typen von Touristen wann im Jahr da sind, was sie gegebenenfalls kaufen oder nicht. Ich glaube, darauf hat sich MV ganz gut eingestellt. Worauf sich niemand so wirklich einstellen konnte, ist die aktuelle Lage, die es gerade gibt. Also ich glaube, das hat alle irgendwie getroffen und das zeigt aber umso mehr, dass man doch auf verschiedensten Kanälen sichtbar sein sollte, um auch in diesem Sturm, ich sag es mal so, nicht umzufallen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder versuchen sollte, sich da so ein Standbein aufzubauen, weil es ist auch kein riesen Hexenwerk. Es gibt Initiativen, wo man sich anschließen kann, solche eigenen Shops zu bauen oder aufzustellen. Das ist eine Lösung, kann man machen. Man sollte aber nie unterschätzen - Im normalen Ladenhandel, im Offlinehandel, ist man sehr abhängig. Entweder Standort, Standort, Standort, also auf welcher Straßenseite bin ich oder Marke Marke, Marke, also kennt man mich. Im Onlinehandel ist es exakt dasselbe. Nur weil ich ein Onlineshop eröffne, heißt das noch lange nicht, dass irgendjemand reinkommt. Das heißt, auch da zählt dann irgendwann Marke, Marke, Marke oder halt Straßenseite. Und Straßenseite ist hier synonym mit irgendwelchen Marktplätzen, irgendwelchen Initiativen, irgendwo wo ich aufspringen kann, wo schon die Fußgängerzone ist, wo die Menschen schon durch surfen, eh schon an meinen Produkten vorbeikommen und mich vielleicht sehen, obwohl sie mich sonst nicht gesehen hätten. Deswegen, also MV hat eine ganze Menge Initiativen, die echt gut sind. Da sich dran zu beteiligen, da mit reinzugehen ist glaube ich, für die Zukunft, für alle ein riesen Zugewinn. Zu meiner Hochzeit kam bei mir etwas zu Hause an, als Hochzeitsgeschenk von der Oma, die in den USA wohnt, die in der Schweiz in einem kleinen Laden eingekauft hat und das nach Deutschland geschickt hat. Total irre, total irre. Und wenn es das irgendwann gäbe, dass irgendwann jemand aus der Welt irgendwas im MV findet, weil es so cool ist und dann nach Bayern schickt, das ist dann der Knaller. Das ist eigentlich das, was ich gerne hätte.        

Mareike Donath:                        
Die Zuhörer:innen werden sich fragen: Das kann ich alles nachvollziehen, aber wie schafft man das? Wie wird die Oma in den USA mein regionales Produkt finden?

Robert Tech:
Also im Handel gibt es ja dieses “The Point of Sale”. Es gibt verschiedene Punkte, an denen man verkaufen kann. Ein Thema ist natürlich der Offlinehandel. Wenn wir über Geld reden, reden wir über den Onlinehandel und bei den Onlinehandel reden wir aber auch nicht über den einen Shop, den ich irgendwo habe. Also erstmal ich suche über Google etwas. Ich gehe nicht auf irgendeine Baden-Würtemberg Seite oder irgendeine Schweizer Seite und finde da irgendwas, sondern ich gehe auf Google, suche da irgendwas und dann kriege ich Treffer. Natürlich sollte ich mir Gedanken darüber machen - Wer ist mein Kunde und wie sucht er? Wie viele Touchpoints braucht der Kunde zu einer Entscheidungsfindung? Das heißt, wenn ich jetzt bloß was im Sinne eines Porzellan Service, worüber wir schon oft geredet haben oder Weinflaschen, irgendwelche lokalen Geschenke, dann sind das kleine Mitnahme-Themen, da brauch ich vielleicht nur ein oder zwei Touchpoints. Je größer und komplizierter oder je werthaltiger so ein Kauf ist und weniger Reiz getrieben. Wenn man, zum Beispiel,  in den Lidl reingeht oder in einen Einzelhandel, also Rewe, Edeka, hat man sehr viele Reize, wo man psychologisch und sagen kann: “Wenn du Mareike durch den Edeka gehst, positioniere ich bestimmte Dinge da drin so, dass ich vorher schon sagen kann, womit du wieder rauskommst, weil ich es so positioniere, dass deine Reize genau darauf anspringen. Im Onlinehandel kannst du das nicht ganz so machen, also ein bisschen. Das heißt aber, ich sollte wissen, wen habe ich da vor mir? Wie sucht die Person, wie viele Touchpoints braucht sie und wo muss ich die dann platzieren? Das ist natürlich die Frage Kann die kleine Pottery das oder braucht die Pottery dafür in der Beratung? Da würde ich sagen: “Ja, viele bräuchten dafür eine Beratung oder den Willen es zu tun”. Auch wir haben in MV Händler, die das mega gut kennen und können. Ich nenne mal einen Namen, also von dem ich sehr begeistert bin, ist der Peters, von der Bäckerei Peters von Rügen, haut mich vom Hocker. Mir geht es nicht um seine Läden auf Rügen. Die sind mir erstmal egal. Das ist erst mal das Standard-Geschäft. Aber dass er sich Gedanken darüber gemacht hat, dass man Brot verschicken kann und wie man Brot anders backen muss, dass die Haltbarkeit gewährleistet ist, dass man “Signature Brot” backt, also Brote backt, wo er von den Dünen die Wiesen einsammelt. Und wie backt man quasi die Wiese in die Brote hinein, damit die Brote immer noch schmecken, aber das Flair von der Wiese rüberkommen, um sie dann an 5-Sterne-Hotel Ketten zu verkaufen, ist ein Knaller. Das dann über den Onlineshop rauszuhauen für Geschenke ist super. Das ist ein Mindset, was ich haben muss, ich muss das wollen. Ich muss das wollen und dann muss ich mich da rein arbeiten. Herr Peters ist auch “nur” ein Bäcker, ich sag's mal so, der wollte das aber und hat sich eingearbeitet. Können kommt von wollen, man muss halt auch machen und nicht nur darauf warten, dass irgendeiner kommt und einen an die Hand nimmt und sagt: “Ich mach das alles für dich”. Ja, kann man machen, aber um dann den richtigen Sprung nach vorne zu machen, muss man selber was tun. Das ist halt so.

Mareike Donath:
Kann man das lernen, Robert?                        

Robert Tech:
Man kann es anzünden, ich nenne es mal so. Mir wurde schon oft gesagt, ich bin der, der durch die Gegend rennt und die Leute anzündet. Vielleicht gibt es irgendwann Flächenbrand und vielleicht geht die Flamme danach wieder aus, weil ich wieder weg bin. Viele Dinge kommen irgendwann, wenn Menschen einen bestimmten Punkt überschreiten, von selbst. Weil es nämlich dann so eine Motivation ist, wenn man merkt, man wird erfolgreich. Erfolg motiviert, es klappt irgendwas, jetzt mache ich den nächsten Schritt. Dann gibt es Menschen, die brauchen den extrinsischen Zugang, also jemand von außen muss die Menschen anzünden, motivieren. Da würde ich sagen, alle können es nicht lernen, um deine Frage zu beantworten. Also nicht von sich selber aus. Es kommt immer darauf an, in welcher Lage ist man gerade, in welcher Mindset Situation ist man gerade. Sich selber aus dem Tal rauszuziehen ist für viele sehr schwer. 

Mareike Donath:
Ich glaube, dass es oft auch die Alltagsthemen sind, die man hat, gerade wenn du ein kleines Unternehmen bist mit einem kleinen Mitarbeiterstamm. Du hast sozusagen ein tägliches Doing, deine Alltags-Aufgaben die zu bewerkstelligen hast und dann sollst du dich auch noch innovativ aufstellen, dich mit solchen Themen auseinandersetzen. Ich glaube, das ist für viele eine Herausforderung. Ist doch gar nicht eine Frage der Motivation ist, sondern einfach eine Frage der Zeit. Hast du vielleicht auch solche Erfahrungen gesammelt? Knallhart zu sagen Alltagsthemen auf 80 Prozent und langsam anfangen? Was würdest du vielleicht als Hilfestellung mitgeben? Was hat vielleicht hier möglicherweise auch geholfen?                        

Robert Tech:                        
Mir haben Bücher und andere Menschen geholfen. Es gibt ja diesen schönen Spruch: “Am Unternehmen arbeiten und nicht im Unternehmen arbeiten” für Unternehmer. Früher als wir angefangen haben, bin ich ja eigentlich aus Projekten gekommen. Ich habe selber die Projekte gemacht, ich war selber beim Kunden und das jahrelang gefühlt 24/7.  Es hat gut funktioniert, weil es ja dann immer Mitnahmeeffekte gab. Ich wollte da noch andere Leute mitnehmen, aber skalieren konnte ich nicht. Das heißt, ich konnte dadurch nicht größer werden, weil es ja immer um mich rum diese Dunstwolke gab. Der Tech muss kommen und der löst dann schon unser Problem und er darf noch drei Leute mitbringen. Es geht aber nicht, wenn ich 10 Kunden habe, wie soll ich das machen? Da kann man ja zu jedem Kunden einen halben Tag pro Woche gehen. Was man tatsächlich machen muss - ein Wechsel meines Doings. Meine Aufgabe als Geschäftsführer ist eigentlich eine andere, als selber zu malen. Ganz ehrlich, eigentlich ist es sogar eine andere, als Rechnungen zu schreiben oder Angebote zu schreiben. Das ist auch gar eigentlich sogar gar nicht meine Aufgabe, sondern wenn ich für mich feststelle, dass ich der Anzünder bin, der Menschen überzeugen kann. Es ist der ganz oft Vertrauensvorschuss, den man quasi verkauft oder den man mitbringt. Ein Kunde kauft einen ein, weil er darauf vertraut, dass die Person die Wand in einer coolen Farbe hinterlässt, so wenig wie möglich Schäden anrichtet. Das ist einfach ein cooles Erlebnis ist. Das Vertrauen das ist ja eigentlich das erste, was man verkauft. Entweder macht man das, weil man schon ganz gute Mund zu Mund Propaganda hatte oder weil man im Gespräch überzeugen kann, dass der Gegenüber sich so denkt: “Das hört sich richtig an”. Wenn man das für sich feststellt, dann sollte man sich darauf konzentrieren, obwohl man selber vielleicht feststellt oder sich selber sagt: “Ich würde auch gerne malen”. Dann muss man sich selber sagen: “Okay, was will ich? Will ich der Maler sein, der malen will, weil mich das über mich das erfüllt? Dann werde ich halt keine große Firma, dann ist es halt so. Dann bin ich halt der kreative Mensch mit wenig Mitarbeitern”. Oder ich bin halt alleine unterwegs, aber mir macht das Spaß, was ich dort mache. Bin ich eigentlich der, der das irgendwie gut kann, aber noch besser kann ich Leute überzeugen, weil das ist der Grund, warum ich einen Haufen Aufträge bekommen. Dann sollte ich mir überlegen, ob ich mir vielleicht andere Maler einstelle, denen sage, was meine Qualität ist und dann überzeuge ich noch mehr Leute. Für mich war es auch nicht einfach zu sagen, ich gehe zu keinem Kunden mehr. Ich gehe eigentlich aus allen Projekten raus. Wenn bin ich wirklich nur noch als Advisory drinne, um da obendrauf zuzugucken oder als kreativer Kopf mal, aber ansonsten mache ich kein Projekt mehr.                    

Mareike Donath:                        
Schau zurück auf die kommende Generation, du bist ja auch Papa. Auf welche Kompetenzen wird es insbesondere ankommen?                    

Robert Tech:
Flexibilität! Ich glaube, der Mensch hat nur überlebt, weil er anpassungsfähig war. Es gibt einen schönen Spruch: “So langsam wie wir uns heute verändern, werden wir uns nie wieder verändern”. Das heißt, die Änderungsgeschwindigkeit nimmt zu und damit auch das Thema Komfortzonen, dass man die immer wieder verlassen muss. Das nimmt zu. Und ich glaube, wenn man seine Komfortzone in der Veränderung findet, ist man gewappnet für die Zukunft. Ich hätte heute kein Problem mit irgendeiner riesigen Änderung, weil ich mir halt sage: “Was soll passieren”? Ich bin so auf alles eingestellt da, dann ist halt morgen irgendwas anders als heute. Mein Gott, dann ist das halt so. Und wenn man sich so mental aufstellt, dass die Änderung einfach dazugehört, dann ist das, glaube ich, eine gute Kompetenz.                

Mareike Donath:
Liebe Zuhörerinnen und liebe Zuhörer,

Die Digitalisierung des Einzelhandels mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist ein wichtiges Pfund, wenn es darum geht, aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu bewältigen. Damit einher gehen oftmals große Veränderungen, worüber Tech gerade formulierte “Wir werden uns nie so langsam verändern wie jetzt”. Hier im Podcast des Digitalen MV nehmen wir Sie auch weiter im neuen Jahr mit auf eine digitale Reise durch das Land und zeigen ihn weitere Impulsgeber:innen, Pioniere und Macher:innen. Ich freue mich drauf. Aber nun, ob Sie Ihr Weihnachtsfest traditionell begehen oder den einen oder anderen Veränderungsprozess mit einbauen, genießen Sie Ihre besinnliche Weihnachtszeit. 

Herzlichst,  Ihre Mareike Donath.