Mareike Donath:
Sebastian Megow, Digitalisierungsbotschafter des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Mehrfachunternehmer. Wir haben uns im Vorfeld auf das „Du“ geeinigt. Ich sage aber zunächst herzlich willkommen hier beim Podcast vom „digitalen MV”. Was ist ein Mehrfachunternehmer, Sebastian?

Sebastian Megow:
Ja, erst mal Hallo, schön, dass ich heute hier bei dir bin. Mehrfachunternehmer, ja, das hört man manchmal so in der Presse: Serial Entrepreneur, Serienunternehmer. Es ist eigentlich so ein Begriff dafür, wenn man Unternehmer durch und durch ist und sagt: „Ein Unternehmen reicht mir nicht.“ Ich habe noch weitere Ideen, die vielleicht nicht, sagen wir mal, in Ziel und Zweck des einen Unternehmens reinpasst und dann vielleicht in einer anderen Konstellation auch mit anderen Leuten und einem anderen Unternehmenszweck mehrere Unternehmen aufbaut. Und das habe ich tatsächlich so in meiner Geschichte getan, sodass ich heutzutage Mitinhaber von mehreren Unternehmen bin.

Mareike Donath:
Und da sind wir schon mittendrin beim digitalen Wandel. Es bietet sich ja auch an, das Thema, was so vielfältig ist. Du bist ja nicht umsonst Digitalisierungsbotschafter des Landes. Digitaler Wandel, was treibt dich da gerade voran, hier in Mecklenburg-Vorpommern?

Sebastian Megow:
Das ist relativ vielschichtig. Ich glaube, wir sind momentan tatsächlich in so einer Zeit angekommen. Das bekommt man, glaube ich, auch mit. Wir stehen tatsächlich vor einem großen digitalen Wandel, nicht zuletzt auch durch, ich sage jetzt mal Multi-Herausforderungen, global, die dann natürlich auch regional in irgendeiner Form eine Rolle spielen. Das hat zum einen mit dem technologischen Fortschritt, auch nicht zuletzt mit KI und den großen Sprachmodellen zu tun, aber natürlich auch mit der Frage: „Wie verändert sich die Arbeit, wie verändert sich vielleicht auch das Miteinander?

Wie sind politische und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen?” Wir sehen das ja gerade weltweit. Politisch verändert sich ganz viel. Es sind Krisen. Das verunsichert, glaube ich, Menschen. Und deshalb ist, glaube ich, digitaler Wandel und der Einfluss auf uns als Gesellschaft gerade etwas, wo alle versuchen, das irgendwie zu greifen und zu fassen. Also das erstmal so. Ich glaube, das ist die Gemengelage, in der wir uns befinden.

Mareike Donath:
Dann fangen wir an, auf dein Portfolio als Mehrfachunternehmer zu schauen. Welches Unternehmen möchtest du kurz als erstes skizzieren?

Sebastian Megow:
Ich würde vielleicht ganz kurz einmal anfangen in meiner Geschichte, dann kann man das vielleicht besser nachvollziehen, was mich auch angetrieben hat. Und dann sind wir vielleicht auch ein bisschen das Thema „Wandel der Zeit auch in Mecklenburg-Vorpommern“ und und die Chancen zu erkennen. Ich bin in Waren an der Müritz aufgewachsen und als Lehrer-Kind.

Und ich hab's bei meinen Eltern gesehen. Ihre Aufgabe war, junge Menschen zu begeistern, ihnen irgendwas mitzugeben als Lehrer für die Zukunft. Und mein Opa, der hat in der Wendezeit sich selbstständig gemacht. Der hat nämlich einen Bäckereibetrieb aufgebaut. Und ich glaube, das hat mich beides unterschwellig geprägt, sodass ich mich tatsächlich schon mit 16 selbstständig gemacht habe.

Und das zieht sich dann wie ein roter Faden durch, dass ich während des Studiums dann mein erstes Unternehmen noch während der Studienzeit gegründet habe. Und der rote Faden ist im Endeffekt immer Chancen zu erkennen und diese Chancen zusammen mit guten Partnern in Unternehmen umzuumzusetzen.

Mareike Donath:
Da muss ich rein. Was hast du mit 16 denn gemacht? Womit hast du gestartet?

Sebastian Megow:
Ich habe tatsächlich mit selbstständigen Projekten, und das war vielleicht auch so ein bisschen dieser Bogen zu der Aufklärung – ich habe tatsächlich zusammen mit Freunden Kampagnen schon mit 16 entwickelt, zum Beispiel für Jugendämter, wo wir Alkohol- und Drogen-Aufklärungskampagnen organisiert und entwickelt haben.

Mareike Donath:
Wie muss man sich das vorstellen?

Sebastian Megow:
Wir haben wie so eine kleine Club-Tour organisiert, haben uns überlegt, was sind die Botschaften, wie vermitteln wir das? Haben das Ganze organisiert, kleine Events moderiert, DJ gemacht, also haben quasi das Rundum-Sorglos-Paket. Aber eben waren wir selber Peergroup. Wir waren selber 15, 16 und haben uns dann damit sozusagen projektmäßig schon auf selbstständiger Basis was verdient.

Mareike Donath:
Wie kamt ihr auf das Thema? Das ist ja immer noch ganz relevant.

Sebastian Megow:
Das liegt, glaube ich, an auch dem privaten Umfeld. Ich komme aus der Sportszene. Ich habe früher Leistungssport Judo gemacht. Und ich sage jetzt mal gesunde Ernährung, ein Bewusstsein für Körper und Geist war da da. Und natürlich als Leistungssportler. Klar, als Jugendlicher probiert man sich aus. Es gehört, glaube ich, auch dazu. Aber sagen wir mal, bewusst damit umzugehen.

Das war eine Sache, die uns selber umgetrieben hat. Und deshalb waren wir da, glaube ich, auch gut, das zu übersetzen für die, für die Peergroup.

Mareike Donath:
Sebastian, da hab ich jetzt eine Idee, das wieder rauszuholen. Die alte Kampagne. Wie gesagt, nach wie vor soll es ja die Leute jungen Leute interessieren, mit Bewusstheit durch die Gegend zu gehen, mit offenen Augen zu schauen. Das führt mich tatsächlich zur nächsten Frage. Das ist doch beim digitalen Wandel, KI hast du eben schon angesprochen, das gleiche Thema: Bewusstsein zu schaffen für all die Menschen, die sich damit auseinandersetzen und das benutzen.

Sebastian Megow:
Wir sprechen immer zu schnell von konkreter Technologie, von Nullen und Einsen, von Hardware und Software. Aber digitaler Wandel heißt auch ein digitales Mindset. Und Mindset bedeutet ja, ein Bewusstsein zu haben, ein Verständnis von dem, worum es geht, was es mit mir macht, was es mit anderen macht. Es gibt ja so ein schönes Sprichwort: „Ohne Ziel stimmt jede Richtung”.

Wenn ich nicht, mir sozusagen bewusst mache, wofür ist es gut, aber wofür ist es vielleicht auch schlecht, dann habe ich natürlich keinen Kompass, um auszurichten, wo kann mir das vielleicht für mich persönlich als Mensch, als Gesellschaft nützen? Auch das Thema Technologie und Digitalisierung, aber auch natürlich die Veränderung der Art, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir uns organisieren in Gesellschaft, auch im Privatleben, ist ja ein fließender Übergang.

Und ich glaube, da ist Bewusstsein die Voraussetzung, damit ich überhaupt damit umgehen kann. Das ist, glaube ich, sozusagen der vorgelagerte, aber auch ein dauerhafter Prozess in mir immer wieder bewusst zu machen, was verändert sich und was was bedeutet das für mich? Und deshalb ist das untrennbar. Also Bewusstsein schaffen für Dinge, Selbstreflexion. Eigentlich so ein Grundhandwerkszeug des menschlichen Seins und der Kommunikation.

Mareike Donath:
Absolut. Wie so ein Wertekanon. Wenn du heute dich zurückbeamst, du bist 16 und würdest gebeten werden, eine Kampagne zu machen, um Medienbewusstsein zu erzeugen. Wie würde die heute aussehen?

Sebastian Megow:
Oh, das ist eine gute Frage. Jetzt ist jetzt natürlich der Punkt, dass wir die Erfahrung auch der letzten Jahre nicht ausblenden können. Das ist ja vielleicht auch spannend, das ist ja wie in so einer Zeitreise. Ich würde auf jeden Fall einen sehr großen Fokus, gerade wenn wir jetzt so in Richtung Aufklärungskampagne gehen und wir auf Jugendliche schauen, ich glaube, da würde ich sehr viel Wert darauf legen, zu gucken, wie gefährlich das auch sein kann. Gerade ich sage jetzt mal in diese Falle zu laufen, sich nur noch in der digitalen Welt zu bewegen und vielleicht das jugendliche Miteinander, das Sein im Hier und Jetzt zu vergessen. Also das ist ja nicht nur zu beobachten.

Ich habe selber zwei Kinder, die sind 14 und 12. Es ist nicht nur zu beobachten, sondern auch mittlerweile ja nachgewiesen auch in verschiedenen Studien, was das Ganze verändert. Und bei all den Vorteilen ist das glaube ich die Grundvoraussetzung, damit bewusst umzugehen und gut umzugehen eben zu sagen: „Passt auf Leute da, da steckt eben auch ganz viel Gefahr drin, sich voneinander zu entfernen im Persönlichen.”

So würde ich, glaube ich, die Kampagne ausrichten, da zu zeigen: „Passt auf, ihr dürft nicht vergessen, in echt und in real und im Hier und Jetzt irgendwie miteinander und auch vielleicht das Erwachsenwerden gerade bei Jugendlichen zu erleben. Aber gleichzeitig die Chancen aufzeigen, was mir das vielleicht erleichtert und wie sich damit auch Möglichkeiten in der Arbeitswelt und in Gesellschaft im positiven Sinne verändern.

Mareike Donath: 
Sebastian, wir gehen ein bisschen weiter beim Studium. Was habt ihr da für ein Projekt aufs Gleis gesetzt?

Sebastian Megow:
Wir haben uns dann tatsächlich auch ein bisschen geprägt durch diese Aufklärungskampagnen mit dem Thema Kommunikation beschäftigt. Marketing und Kommunikation. Wie bringe ich eigentlich Botschaften zu Zielgruppen? Und haben uns sehr gut eingearbeitet in eine junge Zielgruppe, haben uns sehr intensiv mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Wie können wir dort Inhalte aufbereiten, haben ganz viele Hörspiele produziert, Musicals auf die Bühne gebracht, haben Songs geschrieben für Fernsehen, für KiKa, Vorschulkampagnen, also zur Aufklärung und zum, ich sage jetzt mal zur vorpädagogischen Aufklärung im Fernsehen.

Das hieß „Abc-Bär und seine Freunde”. Da haben wir, glaube ich, über 100 Folgen produziert. Das waren Puppen, die irgendwie stellvertretend für die Kinder Dinge erlebt haben. Da haben wir Musik geschrieben und dann so Stück für Stück uns in verschiedene Themen eingearbeitet. Das war sozusagen während des Studiums die ersten Projekte und daraus ist auch das erste Unternehmen entstanden.

Mareike Donath: 
Und das hieß?

Sebastian Megow:
Das ist „Hello to Future – H2F Kommunikationsagentur“. Gibt es auch heute noch im 20. Jahr.

Mareike Donath: 
Herzlichen Glückwunsch.

Sebastian Megow:
Danke! Da wird mir auch noch mal bewusst, dass die Uhr sich weitergedreht hat.

Mareike Donath: 
Du machst ja nicht nur oder bist da nicht nur involviert bei „Hello to Future”, sondern auch bei anderen Unternehmen. Und dann komme ich zu meiner ersten Frage zurück. Welche Unternehmen hast du noch auf dem Tisch?

Sebastian Megow:
Mit H2F und der, da bin ich ganz dankbar für, der Möglichkeit, sich mit ganz vielen Themen zu beschäftigen. Vor Ort, regional, national, auch international kommt man natürlich in Berührung mit neuen Themen und stellt dann fest: „Okay, dass das kann man vielleicht für Kunden begleiten und umsetzen. Wie wäre das aber, das für sich selber zu tun und vielleicht selber was auf die Beine zu stellen, eine tolle Idee?“

Und so ist es entstanden, dass einmal immer mehr Leute auch auf uns zugekommen sind und sagen: „Wir wollen euch nicht als Dienstleister, sondern wir wollen euch gerne als Partner. Hättet ihr Lust, mit uns etwas aufzubauen?” Also so in meinem Gesellschafter- und Gründerkreis. Und dann haben wir strukturiert angefangen, ja andere Unternehmen mit aufzubauen. Das geht dann auch in die Richtung Softwareentwicklung, Onlinemarketing, also eher Unternehmen, die helfen, anderen, sozusagen ihre Botschaften richtig zu transportieren.

Und dann ging es weiter, dass wir tatsächlich uns mit beteiligt haben und mit aufgebaut haben junge Startup-Unternehmen aus dem Land. Geht es um KI, geht es um geht es um Wärmeplanung. Da geht es wirklich um um Dinge, die Probleme der Zeit lösen. Meistens mit einem technologischen Anspruch.

Mareike Donath: 
Ist das, „Baltic Incubate”? Du bist da ja auch mit involviert. Ist es dieses Netzwerk, was sich um die Begleitung und den Aufbau solcher Teams beschäftigt?

Sebastian Megow:
Ja, das ist ein Puzzleteil des Ökosystems. Und das Ökosystem ja nicht zuletzt auch um das „digitale MV” ist sehr toll und und auch großartig, da ist ganz viel gewachsen und auch passiert in den letzten Jahren. Wir haben aber festgestellt, das ist jetzt mittlerweile vier Jahre her, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern eine Sache noch nicht haben. Das ist eine strukturierte Organisation von Business Angels, also Unternehmerinnen und Unternehmer, die sagen: „Ich habe Lust, meine Erfahrung weiterzugeben, vielleicht auch Kapital, was ich habe, weil ich erfolgreich gearbeitet habe, zu investieren in neue Ideen und Geschäftsideen.“

Und da gibt es ja die Business Angels, die eigentlich ganz am Anfang mit an eine Idee glauben und auch investieren. Und eine organisierte Form gab es bis jetzt noch nicht. Das war üblich in anderen Bundesländern und wir hatten das in MV noch nicht. Und da haben wir uns dann zusammengetan mit ein paar Leuten und haben dann „Baltic Incubate” als Verein gegründet.

Das ist ein Netzwerk-Verein und haben dann eine Struktur aufgebaut. Also Stand heute sind wir mittlerweile 40 Mitglieder, sind alles Unternehmerinnen und Unternehmer vorwiegend aus Mecklenburg-Vorpommern, die gemeinsam in einen Topf einzahlen. Wir haben so einen sogenannten Clubfonds. Und mit diesem Fonds unterstützen wir dann tatsächlich Unternehmen, Start-ups aus Mecklenburg-Vorpommern, sozusagen in dieser ganz frühen Phase erst mal jemand zu haben, der bereit ist, Risikokapital und Unterstützung reinzugeben, damit dann weitere Investoren folgen.

Und da gibt es ja dann auch tolle Strukturen im Land und auch natürlich Investoren außerhalb. Und dieses Puzzleteil hat noch gefehlt. Das haben wir aufgebaut und damit ist das sozusagen ein Teil von dem Ökosystem, was notwendig ist, damit so eine Start-up-Szene funktioniert.

Mareike Donath: 
Wir bleiben kurz beim Netzwerk. Es hören ja auch oder schauen ja auch Gründer:innen zu und hören zu. Wie sieht das Paket für Gründer aus? Wie muss man sich das ganz konkret vorstellen?

Sebastian Megow:
Also, man muss sich das so vorstellen, diese 40 Mitglieder aktuell, von denen ich gesprochen habe, die bringen natürlich alle Kompetenzen, Erfahrungen, Netzwerk mit. Und so haben wir uns auch organisiert, dass alle dieser also wir haben den Anspruch, die Wertschöpfung im Land zu lassen. Deshalb legen wir großen Wert darauf, dass die Start-ups hier irgendeinen Bezug zum Land haben, hier gründen wollen, hierher kommen wollen, dass das das hier entsteht.

Dann kann man sich bewerben und sagen, wir suchen Kapital und und Unterstützung. Reicht dann meistens ein Pitchdeck ein. Wir haben einen digitalen Workflow uns da gebaut, dass das möglichst auch unabhängig von Ort und Zeit funktioniert. Dann haben wir so ein Screening-Komitee, die gucken sich das an und sagen ja, das da können wir irgendwie helfen. Das passt zu unseren Werten und zum Anspruch.

Und das geht dann in der Kette immer weiter, bis wir in persönlichen Gesprächen dann tatsächlich ausloten: Können und möchten wir investieren? Interessanterweise haben wir gerade zwei Investments mit unserem zweiten Fonds in den letzten vier Wochen gemacht. Also da haben wir in zwei Start-ups aus dem Land mitinvestiert. Das muss ich noch dazu sagen. Das machen wir ja nicht nur alleine, sondern dann sind natürlich auch Partner aus dem Land. Ob das jetzt Beteiligungsgesellschaften des Landes sind oder auch auch der Banken oder andere Investoren, um dann gemeinsam irgendwie zu helfen und zu investieren.

Mareike Donath: 
Was haben die Investoren davon, wie sieht das Investoren-Paket dann aus für das Netzwerk?

Sebastian Megow:
Einmal ganz viel Erfahrung. Also, man muss, das ist immer ganz wichtig zu sagen, auch wenn das Fonds heißt, wir haben nicht den Anspruch, und so ist es auch nicht aufgebaut, wir sind kein kommerzieller, professioneller Fonds, der sagt, wir haben eine ganz vorgeschriebene Renditeerwartung, da ist ein Fondsmanagement-Team dahinter und da geht es nur nach irgendwie Zahlen. Sondern wir haben gesagt, wir wollen anfangen, gemeinsam irgendwie zu investieren. Natürlich hat jetzt keiner das hart verdiente Geld, das ist ja Risikokapital. Das wurde auch von allen, die da was reingeben, natürlich irgendwann mal verdient. Das jetzt mal einfach so wie am Roulettetisch zu verzocken. Es gibt schon eine Renditeerwartung, dass man daraus irgendwie was rausholt. Aber es ist schon sehr, dem gemeinsamen Anspruch unterlegen. Wir wollen damit irgendwie uns neu ausprobieren, noch neue Wege gehen, Kontakte zu Start-ups suchen, die vielleicht auch frische Impulse in die Unternehmen geben.

Wir wollen uns untereinander vernetzen. Wir wollen damit eigentlich das Thema Unternehmertum und neuen Unternehmergeist mit reinbringen. Das heißt, was haben Sie davon? Wenn es gut läuft, natürlich eine entsprechende Rendite aus dem Invest. Ganz viel Inspiration aus neuen Geschäftsmodellen, eine ganz steile Lernkurve und eine Vernetzung untereinander. Das kann ich auch sagen, alleine jetzt durch das Netzwerk sind wiederum auch zwischen den Business Angels, die da aktiv sind, nicht nur Partnerschaften, Freundschaften, auch neue Geschäftsideen entstanden. Also da ist ganz viel, ganz viel passiert.

Mareike Donath: 
Neuer Unternehmergeist. Was heißt das für dich?

Sebastian Megow:
Ich glaube, dass wir tatsächlich, das hat ein Stück weit auch mit unserer Geschichte zu tun, auch sagen wir mal, als Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, neues Bundesland. Wir haben eine Sozialisierung, eine Prägung in der DDR-Zeit. Und ich mache es jetzt mal ganz einfach, das ist sicherlich im Detail dann nicht so. Aber es gab eine, ich sage jetzt mal eine Volkswirtschaft, die sozusagen auf auf Gemeingut und alles ist in der Planwirtschaft organisiert getrieben zu einer, sagen wir mal, zu einer anderen Wirtschaftsform, wo es um tatsächlich Leistungsmessung geht, individuellen Leistungsanspruch und auch sozusagen ein Messen im internationalen Wettbewerb.

Und diese Prägung haben wir oder eine Sozialisierung glaube ich so nicht mitbekommen. Das heißt, den Mut, die Verantwortung, die Risikobereitschaft, aber auch die Chance, die da drinsteckt, die war noch nicht so wirklich erlebbar. Und ich glaube, wir kommen jetzt in eine Generation, wo man durch Vorbilder, durch Erleben, vielleicht auch durch Mitmachen, aber auch durch Scheitern davon ein neues Verständnis bekommt, dass das eben Unternehmertum ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und auch unseres Wirtschaftssystem ist.

Mareike Donath: 
Herkunftsland MV, ich höre es immer wieder. Ist es für dich dann ein richtiger Antreiber?

Sebastian Megow:
Ja, ich, das habe ich vorhin nicht gesagt. Ich habe mich bewusst zum Hierbleiben entschieden, auch so ein bisschen mit der eigenen Challenge, zu sagen, das muss auch hier möglich sein. Also auch, ich sage jetzt mal die hohe Lebensqualität, aber auch die die Möglichkeiten, die Potenziale, die da sind, die man sozusagen ausgraben muss, aus MV herauszuheben. Und das war schon ein Anspruch, auch zu beweisen, vielleicht mir selber, meinen Partnern, uns irgendwie zusammen, dass wir in der Lage sind, auch hier etwas aufzubauen, was woanders, das muss ich auch so ehrlich sagen, einfacher gewesen wäre zu der Zeit. Also es wäre, wär woanders, hätte man da eine andere Infrastruktur, andere Rahmenbedingungen schon vorgefunden. Also wie gesagt, wir haben vor 20 Jahren damit angefangen, das sah da schon noch ein bisschen anders aus. Mittlerweile, zum Glück, sind wir da viel, viel weiter. Aber bewusstes Entscheiden zum Hierbleiben, ja.

Mareike Donath: 
Du bist ein Ideen- und Innovationsgräber, kein Goldgräber, sondern ein Innovations- und Ideengräber in einer steinigen Landschaft. Ganz viele Pflanzen sind aber sichtbar. Wir werden einen fruchtbaren Boden haben für viele Innovationen. Für den Bereich KMU, Gründungen haben wir uns eben betrachtet, wo wir da sind, was du tust. Wie sieht es aus für den Bereich kleinste und kleine Unternehmen. Was ist da zu heben?

Sebastian Megow:
Also da sehe ich erst mal in der Einordnung, dass wenn ich mir jetzt auch bundesweit die Wirtschaft angucke, dass tatsächlich die KMU's, kleine und mittelständischen Unternehmen, das Rückgrat im Prinzip sind der Wirtschaft, aber vor allem auch wichtig: Wenn wir jetzt nur große Großkonzerne hätten, haben ein riesen Klumpenrisiko. Wenn da irgendwo was schiefgeht, sind ganz viele Arbeitsplätze gefährdet und Wirtschaftskraft kann dann sozusagen großen Schaden nehmen.

Wenn dann ein großer Konzern, sagen wir mal, in Schwierigkeiten gerät. Bei vielen kleineren hat das eine gewisse Dynamik und kann sich so ein bisschen ausnivellieren. Deshalb ist das wichtig und auch die Struktur, die wir haben. In Mecklenburg-Vorpommern sind wir, glaube ich, noch eine Ebene kleiner. Das bedeutet, wir haben viele Unternehmen, die ich sage jetzt mal von Soloselbstständigen 5 bis 10, also kleinere Einheiten, die aber unfassbar flexibel sind, auch sehr spezialisiert sind und deshalb auch eine große Chance haben.

Ich glaube, das sollten wir zielgerichtet fördern und bewusst machen, dass das eine Stärke ist, auch sozusagen eine kleine flexible Unternehmung und Zelle zu sein und jetzt nicht nur darauf abzielen, wir müssen hier Großansiedlungen machen. Das würde zum einen nicht dem Naturell und auch nicht dem Ist-Stand entsprechen, sondern ein Augenmerk darauf legen, wir haben ja diese historisch gewachsenen kleineren Unternehmen, die vor allem in der Nachwendezeit auch entstanden sind.

Jetzt komme ich aber zum zweiten Punkt. Das bedeutet, wir sind mittlerweile am Ende der ersten Unternehmergeneration und sind im Bereich Nachfolge. Und das halte ich für uns ganz wichtig, auch im KMU-Bereich, sicherzustellen, dass das, was da vielleicht aufgebaut wurde, vielleicht von einer nächsten Generation mit neuen Ideen, mit frischen Ideen, vielleicht auch mit Kombination von digitalen Geschäftsmodellen als Stärke weiterzuführen.

Und da würde ich mich freuen, wenn wir es hinbekommen, deshalb auch wieder Unternehmertum, vielleicht junge Menschen dafür zu begeistern. Es muss ja nicht immer eine Neugründung sein, sondern zu sagen, da gibt es schon eine Struktur, eine Substanz. Ich habe aber neue Ideen, und ich schaffe das in die neue Welt zu tragen. Ich habe mich gestern gerade für „Baltic Incubate” mit einem neuen Mitglied von uns getroffen.

Der hat eine Unternehmensnachfolge angetreten vor einem Jahr, weil er in der Anstellung in dem Bereich gearbeitet hat. Der hat gesagt: „Eigentlich möchte ich das als Unternehmer machen, möchte das auch unbedingt hier im Land, im Land tun, habe aber ganz viele frische Unternehmen.“ Und der konnte innerhalb von einem Jahr also auch so eine Wachstumskurve hinlegen. Natürlich weil ihm das ganz schnell gelungen ist, auch mit neuen frischen Blick Dinge zu zu verändern. Was logischerweise, wenn ich lange in einem System bin, dann nicht so einfach ist. Und ich glaube, dieses Potenzial und diese Chance sollten wir zielgerichtet für MV angehen.

Mareike Donath: 
Ich kann das nur an der Stelle ein kurzes Fazit ziehen. Ich bin auch absolut davon überzeugt, auch mit dem „digitalen MV”, kurze Wege, flexible kleine Unternehmensstrukturen, die sich sehr schnell an Marktbedingungen anpassen können. Das ist ein wichtiger Baustein, um eine sogenannte Resilienz als Bundesland zu haben. Wenn du auf den Bereich deiner Unternehmen guckst: Welchen Anteil trägst du dazu bei, ein bisschen resilienter zu werden als Mecklenburg-Vorpommern?

Sebastian Megow:
Also, ich ich glaube alleine die die Erfahrung zu sammeln, auch der letzten Jahre und da war sehr, sehr viel Dynamik drin. Das bedeutet, wir mussten uns anpassen. Ich glaube, da sind wir auch ein bisschen wieder bei Bewusstsein und Mindset. Ich glaube, dieses Handwerkszeug, Anpassungsfähigkeit zum einen jetzt selber erlebt zu haben, auch das weiterzugeben.

Deshalb freue ich mich auch, zum Beispiel als Digitalisierungsbotschafter oder auch in so einer Rolle im Vorstand von „Baltic Incubate” auch diese Erfahrung weitergeben zu dürfen an diejenigen, die Lust haben, damit zu gestalten. Und ich glaube, ein Teil der Resilienz ist eben, das mit dem Team zu entwickeln. Jeder ist Multiplikator in seinem Umfeld. Wir haben es aber auch tatsächlich so gemacht, dass wir uns in den Unternehmen ziemlich divers aufgestellt haben.

Das heißt, wir haben unterschiedliche Unternehmen unterschiedlicher Größe, also Mitarbeiterzahl, Geschäftsmodell, Ausrichtung, Zielgruppe, Fokus. Und damit ist das in sich geschlossen schon ein resilientes System, weil sich das damit untereinander so ein bisschen ausnivellieren kann und vielleicht auch Vorbild sein kann dann für andere.

Mareike Donath: 
KI und Resilienz: Fluch oder Segen? Logischerweise kommen wir an KI nicht vorbei. Wir sehen unheimlich viele Vorteile, was die Technologie anbelangt. Wo bist du da unterwegs?

Sebastian Megow:
Ich fang mal vielleicht an mit meiner persönlichen Sicht jetzt auf das Thema KI. Es wird kein Weg vorbeiführen, sich mit KI auseinanderzusetzen. Das heißt, alle, die jetzt versuchen, das irgendwie erst mal zu verdrängen oder noch auszusitzen, da würde ich ein großes Fragezeichen und ein warnendes Ausrufezeichen dahintersetzen. Ich glaube, das ist gefährlich und nicht der richtige Umgang. Weil KI und auch die Logik, die dahintersteht auch ich sage ja so ein stückweit als selbstlernendes System, das ist tatsächlich eine exponentielle Kurve. Und das bedeutet die Veränderung, die das mit sich bringt, auch die Geschwindigkeit der Möglichkeiten, ist jetzt nicht mehr aufzuhalten. Das ist einfach Fakt. Das heißt, wir müssen uns damit auseinandersetzen. Das bedeutet, ich plädiere dafür, dass wir einen guten Weg finden, mit KI zu arbeiten. Nicht zu sagen, KI ist das alleinige Allheilmittel und KI macht für uns alles, aber auch nicht zu sagen, KI nimmt uns die Arbeitsplätze weg.

Das ist absolut, sondern der Weg ist irgendwie ein fließender Übergang. Also zu sagen, da sind wir wieder bei Bewusstsein, ein Verständnis zu haben. KI kann uns helfen, uns auf das zu fokussieren, was wir als Menschen am besten können, was eine KI nicht kann. KI kann keine Empathie – vielleicht nur um das auszuführen – KI kann nicht emphatisch sein. KI kann auch nicht das machen, was wir gerade ein echtes menschliches Gespräch führen, mit einer Intention, mit einem Gefühl, mit einer ich sag jetzt mal Sympathie, Energie, die da schwingt. Darauf sollten wir uns konzentrieren und KI wirklich die Dinge machen lassen, die KI auch besser kann. Die kann einfach schneller rechnen, kann einfach Dinge schneller zusammenfassen und wegsortieren.

Mareike Donath: 
Wo konkret setzt du KI im Unternehmen ein?

Sebastian Megow:
Bei allen Dingen, wo wir sagen, Sachen sauber zu dokumentieren, sauber zu erfassen, sagen wir mal auch einen Überblick in multimediale, man hat ja einen Wissensschatz, sagen wir mal in einer Ansammlung aus Erfahrungen irgendwelche Dokumenten, Ordnern, Dateien, Projekten, die man mal irgendwo hat, was ein Wahnsinns-Wissensschatz ist und wo man bis jetzt immer noch rangegangen ist. Wir hatten doch mal, lass uns da noch mal nachgucken.

Da ist natürlich eine KI unschlagbar, Dinge zu suchen, zu filtern, zu selektieren und mir schnell zur Verfügung zu stellen. Also da setzen wir KI auf ein. Und ich persönlich im täglichen Sparring, mich einfach besser zu organisieren. Also hier noch mal Dinge schnell aufzubereiten, schnell zusammenzufassen, wo ich so schnell gar nicht tippen kann am Rechner, das lasse ich einfach KI machen. Es ist wunderbar und total effizient.

Mareike Donath: 
Wir kommen zu meinen beiden letzten Fragen. Bei der Fülle an Ideen und Projekten, die du auf dem Tisch hast, wie sieht dein Arbeitsalltag eigentlich so aus? Wie sieht dein normaler Wochentag aus, Sebastian?

Sebastian Megow:
Das ist eine gute Frage. Jeder Tag anders mit einer Portion „Ich weiß, was mich erwartet, weil ich Termine habe im Kalender“. Aber immer mit einer ganz, ganz großen Portion Überraschung. Und dann vielleicht muss ich da zwei Dinge noch ergänzen. Also ich bin sehr gut organisiert und strukturiert. Ich glaube, das gehört auch dazu. Kreativität braucht trotzdem einen strukturierten Rahmen. Das heißt, ich bin, hab ganz klare Vorstellung von dem, was ich, was ich am Tag machen will und auch erreichen will, lasse mir aber den Platz spontan auf Dinge einzugehen. Ich bin Verfechter von Serendipity.

Mareike Donath:
Was ist das?  

Sebastian Megow:
Serendipity, das ist ganz spannend für alle, die es interessiert. Da gibt es mittlerweile einen Forschungszweig dazu, den glücklichen Zufall für sich zu nutzen, also eine zufällige Begegnung zu nutzen und die Chance zu erkennen. Also nicht einfach daran vorbeizugehen, sondern ich erkenne, da ist gerade was da. Und dem dann auch den Raum zu geben und zu sagen, lass uns doch gucken, was wir aus diesem glücklichen Zufall, aus dieser Begegnung machen. Da lasse ich mir jeden Tag Platz.

Ich lasse mir aber auch jeden Tag Platz. Deshalb bin ich eher so in dieser, ich bin eher der Work Life-Blending-Mensch. Also es ist ein fließender Übergang zwischen privaten Ich, Familie, Arbeiten, Ideen, Verwirklichung, Begegnung. Und deshalb fange ich meistens mit Weiterbildung an. Ich starte meinen Tag, indem ich mir irgendeinen, was Neues erst mal zu Gemüte führe. Mein tägliches Lernhäppchen. Dann Termine, dann Serendipity, dann Privatleben und dann abends meistens noch mal den Tag sortieren und wieder die Ziele für den nächsten Tag neu abstimmen. Also, es ist ein tägliches Justieren der Chancen und der Ziele.

Mareike Donath: Hast du heute schon einen glücklichen Zufall gehabt, Sebastian?

Sebastian Megow: Habe ich heute schon einen einen glücklichen Zufall gehabt? Ähm, ich überleg grade. Ne, tatsächlich noch nicht. Ich bin heute jetzt direkt hergekommen zu euch, aber ich hoffe der wird noch kommen. Vielleicht alleine, dass du mich jetzt gefragt hast, wird es irgendwas auslösen.

Mareike Donath:
Da sind wir gespannt drauf. Letzte Frage, die ich gerne allen Gäst:innen stelle. Mecklenburg-Vorpommern. Dein Herkunftsland. Dein Herzensland. Dein Land für Engagement. Auch Zukunftsland für dich?

Sebastian Megow:
Auf jeden Fall, Zukunftsland, auf jeden Fall. Ich, ich persönlich würde mich freuen, wenn das Land, sagen wir mal die Möglichkeiten und die Chancen, die da sind und die vielleicht auch nehme ich jetzt mal Serendipity irgendwo im Raum fliegen. Wenn wir die ergreifen und auch bewusst das Ziel haben oder auch vielleicht eine gemeinsame Vision von Mecklenburg-Vorpommern, dass wir auch Lust haben, das vielleicht zu einem lebenswerten, innovativen, inspirierenden Land zu entwickeln und auch alle so einen Anspruch haben, ein Stück weit mitzugestalten. Weil, das funktioniert nur gemeinsam. Und ich sehe es vor meinen vor meinen Augen. Ich werde das aber alleine nicht hinkriegen, aber ich bin gerne dabei, ein Stück dazu beizutragen.

Mareike Donath:
Sebastian, schön, dass du hier beim Podcast vom „digitalen MV” dabei gewesen bist. Herzlichen Dank!

Sebastian Megow:
Vielen Dank!