Mareike Donath:
Thomas Murche, Digitalisierungsbotschafter des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Vorstandsmitglied der WEMAG. Herzlich willkommen hier beim Podcast von „digitales MV”. Wir haben uns im Vorfeld auf das „Du” geeinigt. Was macht genau die WEMAG?

 

Thomas Murche:
Was macht die WEMAG? Erstmal herzlichen Dank für die Einladung. Ich freue mich, dass ich hier sein kann. Die WEMAG ist ein regionaler Energieversorger
in Westmecklenburg und in der Prignitz. Und wir liefern Strom und Gas an Haushaltskunden, an Gewerbekunden. Versorgen über 8000 Quadratkilometer mit unserem Netz. Treiben die Energiewende voran. Wir nehmen sehr viele Einspeiser auf, also treiben damit auch etwas für den Klimaschutz oder die Klimaneutralität. Sorgen für digitale Infrastruktur mit der WEMACOM im Land. Bauen dort aus, haben über 6000 Kilometer in den letzten Jahren in die Erde gebracht und sorgen
dafür, dass Rahmenbedingungen gehen, zum Beispiel für Homeoffice, dass man auf dem Land das Ganze durchführen kann.

Und wir beteiligen uns auch noch damit, dass wir regenerative Energien aufbauen. Also nicht nur, dass wir den Strom entsorgen über unser Verteilnetz, sondern wir bauen auch eigene Anlagen, ob Windanlagen, Sonnenanlagen, betreiben Biogasanlagen. Und das ist ein sehr breites Feld, aber es ist auch sehr spannend und macht sehr viel Spaß.

 

Mareike Donath:
Wir sind hier ja im Podcast von „digitales MV”. Ich habe 1000 Fragen zum Bereich Energie. Wir schauen auf den digitalen Wandel. Was genau hat die WEMAG mit dem digitalen Wandel hier zu tun und wie treibt die WEMAG den digitalen Wandel in Mecklenburg-Vorpommern voran?

 

Thomas Murche:
Ich glaube, es sind zwei Aspekte, die wir vorantreiben. Zum einen das Stromnetz, weil der Kunde das Bedürfnis hat, auch einen Eigenanteil mit zu liefern. Jeder Kunde hat heute entweder ein Elektroauto oder er hat eine PV-Anlage oder hat einen Speicher und das wollen wir sinnvoll einbinden. Dafür brauchen wir Informationen. Die Informationen bekommen wir sozusagen über den Smart Meter zukünftig. Also das ist der Zähler vor Ort. Früher war es die schwarze Box.

 

Mareike Donath:
Es hat nichts mit dem Mieter zu tun, sondern das ist der Stromzähler.

 

Thomas Murche:
Genau. Darüber bekommen wir die Informationen. Und wir wollen natürlich das so sinnvoll wie möglich einbinden. Und deswegen brauchen wir diese Informationen. Die fließen dann hier in Schwerin zusammen und so können wir eine optimale Versorgung herstellen. Und da sind wir bei weitem noch nicht. Da haben wir noch ein paar Jahre vor uns, weil das Netz bis zu gewissen Ebenen ausgebaut ist, digitalisiert ist, aber gerade im Endkundenbereich, wo jetzt heute die Energiewende stattfindet, da fehlen diese Informationen und da brauchen wir sie, damit vielleicht auch mal ein Energy Sharing vonstatten geht.

 

Mareike Donath:
Was heißt das zum Beispiel?

 

Thomas Murche:
Wenn du zum Beispiel eine Anlage betreibst, so einen Speicher betreibst und dein Nachbar betreibt auch eine Anlage und einen Speicher, dann könnt ihr vielleicht eine Gemeinschaft irgendwann bilden. Wenn der eine vielleicht keinen Strom hat, dann kann er über den anderen Energie sharen. Und das ist eine Überlegung in der EU, das voranzutreiben, sodass man auch untereinander sich die Energie bereitstellt. Und dafür brauchen wir aber die Informationen,
weil sie schließlich auch mit über unser Netz laufen. Und wir müssen es optimal steuern, damit keine Engpässe oder keine Fehler entstehen. Und da gibt es kreative Lösungen, um einfach diese Vielzahl von Erzeuger von Quellen zu nutzen, um so ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen.

 

Mareike Donath:
Wie weit sind wir in Mecklenburg-Vorpommern auf einer Skala von 0 bis 10? Wir haben hier alles gut im Griff, alles top ausgebaut. Erste Bauchzahl?

 

Thomas Murche:
4 bis 5. Also wenn man vielleicht den einen Aspekt noch mal schaut in die digitale Infrastruktur, was die WEMACOM betrifft, Glasfaser betrifft, da hat ja auch das Land mit gerade einen wesentlichen Beitrag geliefert. Da sind wir, glaube ich, sehr weit vorn. Da sind wir noch nicht bei jedem Kunden, weil wir natürlich aufgrund der Förderung nicht jeden Kunden anschließen dürfen. Aber wir haben hier im Land die Voraussetzungen geschaffen. Und damit kann jeder irgendwann auch surfen und kann bis zu einem Gigabyte über seine Fritzbox ziehen. Da sind wir, glaube ich, sehr weit vorn. Da sind wir gut und da werden wir die nächsten Jahre auch noch viel mehr bringen können.

 

Im Stromnetz muss ich ganz klar sagen, sind wir deutlich hinterher. Ich vergleich das mal mit einem Besuch in Texas, wo ich vor wenigen Wochen war. Und dann muss ich sagen, da liegen zehn Jahre dazwischen, mindestens zehn Jahre.

 

Mareike Donath:
Das heißt genau was? Wo ist jetzt der gap?

 

Thomas Murche:
Das gap ist vor zehn Jahren haben die US-Amerikaner in Texas zum Beispiel die Smart Meter ausgerollt. So, und dann fehlten die Informationen zwischen den Smart Metern und zwischen den Kontrollzentren.

 

Mareike Donath:
Also quasi Stromzähler an den einzelnen Häusern beispielsweise.

Thomas Murche:
Genau. Und damit hatten sie sehr viele Information über den Kunden und über die Verteilung. Und sie haben das jetzt sukzessive aufgebaut. Und wir haben ja teilweise noch nicht mal die Smart Meter. Und da fehlen einfach Informationen, dem Kunden das auch zugänglich zu machen und da wirklich auch den Nutzen zu bringen. Und wir streiten uns heute, kann man jetzt denken worüber man will, über Sicherheitsprofile. Da hängt der Smart Meter an der Hauswand und da kann ich reingehen. Und das war so ein krasser Unterschied, weil damit ergeben sich ganz andere Möglichkeiten. Einsatz von Firmen, was kann ich dem Kunden für Produkte zur Verfügung stellen und, und, und. Und das hat mir deutlich gezeigt, da haben wir noch sehr viele Hausaufgaben hier zu machen.

 

Mareike Donath:
War es da freiwillig, verpflichtend oder wie hat man das gelöst?

 

Thomas Murche:
Es war verpflichtend, den Smart Meter-Einbau durchzuführen. So ist es ja auch in Deutschland angedacht, aber wir diskutieren das Thema seit zehn Jahren. Wir diskutieren es hoch und runter. Welches Sicherheitsprofil darf denn da jetzt angewendet werden? Und das wirft uns immer wieder zurück.

 

Mareike Donath:
Und was sind so Knackpunkte in der Diskussion?

 

Thomas Murche:
Nehmen wir mal so eine Wohnungsgemeinschaft, da hängen dann sechs oder sieben oder acht Zähler. Und man hat die Sorge, dass der Nachbar auf meinen Stromzähler guckt und sieht, wie viel Strom ich verbrauche. Das kann er heute schon. Und das ist nicht schlimm und ich glaube, er hört auch wenn der eine Party macht, da muss er nicht extra an den Stromzähler gehen. So und das sind so Diskussionen, die finde ich überflüssig, weil es geht ja um die Sache. Wir wollen ja ein smartes Netz haben. Wir wollen diese fluktuierenden Energiemengen, die wir haben, aus Sonne und Wind, wirklich nutzen können und da einsetzen, wo sie auch gebraucht werden. Und wenn sie zur Verfügung stehen. Wenn man eine gewisse Ungeduld verspürt, hat man ja ein Zielbild vor sich.

 

Mareike Donath:
Wie sieht dein Zielbild aus für deinen Einzugsbereich?

 

Thomas Murche:
Wir haben jetzt gerade unsere Durchbruchs-Ziele 2030 aufgeschrieben.

 

Mareike Donath:
Die sehen wie aus?

 

Thomas Murche:
Da haben wir unter anderem reingeschrieben, wir wollen einen Beitrag leisten, dass wir ein smartes und flexibles Energiesystem hier in Westmecklenburg mit aufbauen. Da werden wir nicht fertig sein, aber wir werden den Grundstein gelegt haben. Wir überlegen jetzt gerade, so ein Art full draw-out zu machen, also wirklich alle Zähler mit einmal auszurollen. Es kostet Geld und auch wenn wir mehr Geld ausgeben müssen, sehen wir die Effizienzen in den Geschäftsprozessen,
die zurückkommen. Und das ist ganz wichtig für uns. Und 2030 wollen wir das alles getan haben, also wollen wir auf jeden Fall jeden Zähler draußen haben. Wir wollen sehr viel auch die Komponenten, die im Netz sind, digitalisiert haben. Da haben wir jetzt ein Programm aufgesetzt. Wir werden unter anderem so 10 bis 20 Millionen Euro da mit reingeben. Jede Station, die ins Netz kommt, ist vollautomatisiert. Und das sind so einzelne Bausteine, die wir haben. So, ich würd mal sagen, wenn du mich jetzt nach einer Zahl fragst. 50 % mindestens müssen automatisiert und digitalisiert sein.


Mareike Donath:
Wie spüre ich das denn als Bürger, wenn alles automatisiert ist? Woran mache ich das, wie sieht meine Welt anders aus?

 

Thomas Murche:
Zum Beispiel kannst du dann Preissignale empfangen. Wir können dann Preissignale transportieren an den Kunden. Und dann gibt es vielleicht eine App auf der anderen Seite, die der Kunde hat. Und dann wird ihm mitgeteilt: „So, die nächsten 3, 4, 5 Stunden liegt der Strompreis bei, sagen wir einfach mal 5 Cent oder 4 Cent.” Und damit hast du ja Möglichkeiten, deine Verbraucher zu steuern. Wir werden ja im Haus immer weiter vernetzt. Wenn ich heute auf mein Handy gucke, was habe ich denn alles für App drauf.

 

Mareike Donath:
Was hast du denn da drauf?

 

Thomas Murche:
Da kann ich mein Radio steuern, da kann ich meine Rollläden steuern, da kann ich Klimaheizung steuern. Und das könnte ich ja dann alles tun, wenn ich jetzt das Preissignal bekomme. Und das kann ich vielleicht auch noch sinnvoll verknüpfen. Gut, zur Waschmaschine müsste ich vielleicht noch hingehen oder müsste sie füllen oder den Geschirrspüler, aber da geht eine Menge und gerade Klimaanlagen oder dergleichen. Also so Haustechnik kann ich damit ganz anders machen. Oder Warmwasseraufbereitung ganz einfach, ganz schnell, trägt zur Wärmeversorgung bei. Also da gehen viele Dinge.

 

Mareike Donath:
Das sind ja ganz wichtige Teilschritte, um das Thema Nachhaltigkeit hiermit zu gewährleisten, voranzutreiben. Was werden deine größten Stolpersteine sein bis 2030?


Thomas Murche:
Erst mal die Akzeptanz. Das merken wir. Wir müssen ja auch die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass das gut ist, was wir da tun, weil wir kommen mit einer neuen Box. Wir erklären das dann und der Kunde fragt: „Warum brauche ich jetzt so einen neuen Zähler? Was habe ich davon?” Genau die Frage hast du ja auch gerade gestellt. Welchen Mehrwert bringt mir das? So, das ist ein großes Thema.

Mareike Donath:
Und wie macht ihr das?

 

Thomas Murche:
Wir haben ein Erklärvideo aufgenommen, das, was wir erstmals bereitstellen. Und dann ist es natürlich auch der klassische Brief. Dann ist es auch Informationsveranstaltungen, die wir tun. Wir haben jetzt gerade eine Pilotregion in Holthusen und da gehen wir richtig rein. Haben wir die Turnhalle gefüllt oder füllen die Turnhalle und erklären das einfach mal und bringen das den Bürgerinnen und Bürger rüber, was wir da tun wollen.

 

Mareike Donath:
Habt ihr schon einen Eindruck, kommt das an? Wie gehen Bürger damit um?

 

Thomas Murche:
Ja, wie immer. Es gibt die normale Verteilungskurve, es gibt welche, die sind total affin, die können es nicht abwarten und dann gibt es welche, die sind genau am anderen Ende, die sagen, bei mir nicht. Und dann gibt es die, ja, normale Masse hört sich jetzt komisch an, aber die einfach dann nach ein wenig Überzeugung und Darlegung, welchen Mehrwert das bringt, dann auch sagen „Ja, wir wollen das.”


Mareike Donath:
Das hört man ja immer ganz oft dann von einer Gaußschen Normalverteilung. Die goldene Mitte. Die zu motivieren ist dann wahrscheinlich Kernanliegen eurer Initiative.

 

Thomas Murche:
Und wir wollen ja den Fakt Strom und den haben wir ja hier in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben sehr viel regenerative Energien, wir wollen Elektromobilität fördern, wir wollen die kommunale Wärmeplanung fördern. Also gerade im Bereich der kommunalen Wärmeplanung.

 

Mareike Donath:
Was heißt das genau, die kommunale Wärmeplanung? Also was beinhaltet das?

 

Thomas Murche:
Wir wollen ja die regenerativen Energien nutzen und dazu ist jede Stadt aufgefordert,

Mareike Donath:
Also Wind und Sonne.

Thomas Murche:
Wollen wir nutzen und jede Stadt oder jede Gemeinde ist aufgefordert. Das übrigens, liegt im Ressort deines Chefs. Muss bis 2028 diese Planung durchgeführt haben. Und dort ist die Frage, wie stelle ich die Wärme für die Gebäude zur Verfügung? Ist es eine Fernwärme-Versorgung, ist es eine dezentrale Versorgung? Ist es eine Wärmepumpe oder, oder, oder. Aber der Kern ist ja eigentlich, wir wollen diese regenerativen Energien in die jeweiligen Sektoren bringen, also in den Wärmesektor oder in den Mobilitätssektor. Das ist ja unser Anspruch, wir wollen die Sektoren miteinander verkoppeln. Und wir haben diese Voraussetzungen geschaffen und ich glaube, jetzt gilt es eigentlich, die Umsetzung voranzubringen. Der Stromsektor, der ist heute zu 100 % durchdrungen mit regenerativen Energien. Aber gucken wir uns den Wärmesektor an, dann sind es, glaube ich, 15, 20 %. Ich habe jetzt nicht die aktuelle Zahl da, aber so ungefähr. Und im Mobilitätssektor sind es 10 %. Also da geht noch eine Menge.

 

Mareike Donath:
Ist das Zukunftsbild die Elektromobilität? Wird das wieder einschlafen? Wie schätzt du das ein?

 

Thomas Murche:
Ich glaube, das kommt also es kommt es ist immer noch die Skepsis davor. Ich will mich da nicht ausnehmen. Ich merke das ja selber, wenn man da mit Elektro unterwegs ist und gerade wenn man längere Strecken fährt, dann muss man sein Reisemanagement umstellen und das macht ja was mit jedem. Also die Verfügbarkeit ist eine andere, aber wir sehen das jetzt gerade bei LKWs, also selbst bei LKWs geht das mit Elektromobilität und das wird auch angenommen. Also ich glaube, es ist nur noch eine Frage der Zeit. Reichweiten verändern sich, das merkt man und damit wird das auch ein Stück weit mehr Akzeptanz bringen und man muss sich einfach darauf einlassen. Ich glaube auch.

 

Mareike Donath:
Wir haben viel über Infrastruktur gesprochen, im Strombereich, Wärmebereich, Breitbandausbau. Wie kann daraus jetzt eine sogenannte smarte Kommune, Smart City entstehen? Das beinhaltet ja noch so, so viel mehr. Seid ihr da als WEMAG auch mit bestimmten Projekten beteiligt?

 

Thomas Murche:
Also wir waren es, momentan muss ich sagen, es ist ein bisschen eingeschlafen, aber wir waren es an der einen oder anderen Region. Ich glaube, die Voraussetzung, genau das, was du gesagt hast, infrastrukturmäßig ist geschaffen. So, und jetzt muss ich mir überlegen, welchen Mehrwert will ich in der Kommune bringen? Und das beste Beispiel ist ja Grevesmühlen, wenn man dahin schaut, da ist ja einfach eine Vernetzung aufgelebt oder durch diese Modellregion implementiert worden. So, und ich glaube, da sind wir wieder bei dem Thema. Wir müssen die Leute mit dazunehmen und heranführen und auch mitnehmen.

 

Ich mache mal ein anderes Beispiel. Wir statten ja die Busse mit WLAN aus und das wird gut angenommen, weil auf einmal habe ich Verfügbarkeit in einer mobilen Einheit und das sind so die Anfänge. Und dann ist die Frage, was kommt noch dazu, was kann ich dann noch anschalten oder aufschalten und wie mache ich es interessant? Das wird nicht für jede Gemeinde funktionieren. Seien wir ehrlich, da wird es vielleicht eine Informationstafel sein, eine elektronische oder ein schwarzes Brett, aber bei größeren Städten glaube ich, da kann das Informationsangebot der regionalen Händler oder der regionalen Veranstaltungen viel mehr aufgelegt werden. Da gehört auch ein bisschen Mut dazu und wir können unterstützen, indem wir oder haben im Grunde genommen Infrastruktur geliefert und können vielleicht noch das eine oder andere Produkt zusteuern.

Mareike Donath:
Was sind so Partner, mit denen man diesbezüglich zusammenarbeiten würde, um solche Konstrukte nach vorne zu bringen, zu enwickeln?

 

Thomas Murche:
Auf jeden Fall erst mal die Kommune selber. Also ich glaube, da muss dieser Wille auch wachsen, dass ich das wirklich auch will, diesen Mehrwert auch erkennen. Und dann sind es die regionalen Händler oder die Menschen, die in so einer Gemeinde oder in so einer Kommune leben, weil dafür wird ja der Mehrwert generiert. Und wenn der Händler diesen Mehrwert erkennt, ich glaube dann, und dadurch auch einen gewissen Rückfluss hat, dann ist das nachher eigentlich nur noch ein Tun und ein Machen.

 

Mareike Donath:
Das stelle ich immer wieder fest in den Gesprächen, dass das Thema Akzeptanz so ein riesen, riesen Thema ist. Und der Change beginnt beim Menschen und da hinzukommen und die richtigen Instrumente und Motivatoren zu haben, das ist gar nicht so trivial.


Thomas Murche:
Das ist richtig. Wir stehen an einer riesen Veränderungskurve. Ich erlebe das jeden Tag. Ob das jetzt mal ein kleines Programm ist, was wir verändern oder die Energie, die wir jetzt gerade, also die Energieversorgung, die wir verändern, das betrifft ja erstmal jeden unterschiedlich. Jeder hat dadurch andere Chancen und jeder ist damit in einer anderen Veränderungskurve. Und die Welt ist ja heute so komplex geworden. Das ist ja nicht das einzige Thema und ich sage immer, da laufen wahrscheinlich 4, 5, 6 Veränderungskurven parallel und das macht ja was mit jedem. Jeder hat ein Privatleben, jeder hat ein dienstliches Leben und  überall wird das angetriggert.


Mareike Donath:
Macht ihr als WEMAG eigentlich so eine Art Trendanalyse, welche Trends kommen auf uns zu und wie, seid ihr ein großes Unternehmen? Wie viele Mitarbeiter habt ihr?

 

Thomas Murche:
Wir steuern jetzt auf die 950 Mitarbeiter zu, aktuell. Wir sind mal von 500 Mitarbeitern gekommen, 550, und sind jetzt in den letzten Jahren deutlich gewachsen.

 

Mareike Donath:
Das Unternehmen bewegt sich ja auch in Richtung Zukunft. Was sind so die wichtigsten Dinge, die du beobachtest, was für dein Unternehmen eine Rolle spielt?

 

Thomas Murche:
Ich fang mal anders an, erst mal darauf zu antworten. Wir haben 2018 gesagt, haben wir unsere Vision überprüft und du hattest gerade nach Trends gefragt. Und genau da haben wir uns Trendforscher geholt, „Zukunftsinstitut”, die sich mit den Trends, Megatrends auseinandersetzen und wir haben uns auseinandergesetzt wo wird das hinlaufen? Wie wird es regional aussehen? Wie wird es aber auch ein Stück weit in Deutschland aussehen? So global sind wir nicht unterwegs. Aber wie sieht es in Deutschland aus? Wie sieht es in der Region aus? Und da ist ein Slogan erst mal entstanden: „Menschen machen Zukunft”. Und den treiben wir auch voran, weil wir auch fest daran glauben, dass der Mensch am Ende die Zukunft auch ein Stück weit gestaltet. Und das treibt uns. Den haben wir auch nicht verändert. Wir haben jetzt noch mal unsere Vision überprüft, haben mal gesagt, wir bleiben ganz konkret daran, weil jeder Mitarbeiter oder Mitarbeiterin bei uns die Möglichkeit haben soll, auch zu gestalten und auch diese Zukunft so mitzugestalten. Also in seinem Umfeld so.

 

Mareike Donath:
Wie sieht das konkret aus? Wie kann ich bei dir als Mitarbeiter:in Zukunft gestalten?

 

Thomas Murche:
Du kannst mit ganz konkreten Vorschlägen kommen. Wir überarbeiten das Ideenmanagement, das Innovationsmanagement jetzt gerade noch mal, aber jeder ist aufgefordert oder kann mit seinen Dingen kommen, kann die einbringen, wir bewerten sie und nehmen sie auf und egal wie die Idee ist oder wie die Lösung aussieht, ich sage immer erstmal alles auf den Tisch. Manchmal sage ich auch solche Worte, egal wie bekloppt das aussieht. Manchmal wird genau aus so einer Idee die beste Lösung, die wir dann haben und implementieren können.

 

Mareike Donath:
Habt ihr denn so eine Art Innovationsteam dann bei euch im Unternehmen?

Thomas Murche:
Ja. Es ist in der Organisationsentwicklung verankert. Das ist ein größeres Team, die wachsen jetzt auch weiter auf, die beschäftigen sich mit Organisationsentwicklung, dazu gehört das ganze Thema Change Management, was ganz wichtig ist. Aber da steckt auch das Thema Innovation, KI kommt jetzt noch mit dazu und die gucken nur den ganzen Tag da drauf holen sich von außen den Input, arbeiten unter anderem mit der Project Bay zusammen und gucken, was kommen da für Startups möglicherweise und gucken passt das kompatibel zu uns oder mit anderen Informationen, anderen Trends, bringen die in die Mannschaft rein, machen dann so Art Barcamps, machen Angebote und dann kannst du da hingehen und kannst dich abgleichen.

 

Mareike Donath:
Ich gehe mal kurz rein, übersetz mal kurz. Project Bay ist ein Cowork auf der Insel Rügen, die sich überhaupt mit dem New Work Thema beschäftigen und an ganz vielen Orten Coworks einrichten und Barcamp ist so eine Art Workshop.

 

Thomas Murche:
Genau.

 

Mareike Donath:
Ich bin stehengeblieben, Innovationsteams, habt ihr einen richtigen Prozess?

 

Thomas Murche:
Ja.

Mareike Donath:
Der startet von ich schmeiße etwas in den Briefkasten rein, wird bewertet, wird aufbereitet, kommt in Datenbanken oder wird weiter vorangetrieben.
So muss man sich vorstellen?

 

Thomas Murche:
Genau, es ist vielleicht ein bisschen starr, wenn man das so hört, aber es braucht eine gewisse Guideline einfach, um das auch weiter voranzutreiben. Und dann kommen die Menschen zusammen, die es betrifft und die bewerten das. Oder wir machen auch mal einen Pitch dazu, wenn das notwendig ist, um das auch inhaltlich dann zu verstehen, je nachdem, um was es sich handelt. Und dann werten wir das aus. Vielleicht das eine noch, jeder Mitarbeiter ist auch angehalten,
Prozessverbesserung einzubringen, also, wenn er was sieht, was ihn stört. „Pack es auf den Tisch”,  sage ich immer. Du kannst das nur verändern, ich kann es nicht.

 

Mareike Donath:
Toll. Zum Thema Change, wie sieht das da aus? So richtig Change Agents und sowas alles, habt ihr dort auch solche Funktionen eingeloggt?

 

Thomas Murche:
Es ist ein klein wenig eingeschlafen, aber wir haben mal angefangen damit sogenannte Kulturlotsen ins Unternehmen zu bringen, die ganz gezielt auf Change Management geschult wurden. Die sind heute noch in diesen Bereichen und die begleiten die Projekte oder diese Veränderungsmaßnahmen. Die werden ganz gezielt dann da drauf gesetzt, stellen Fragen. Wir haben zum Beispiel das Change Barometer. Und wenn du ein Projekt machst, dann wird bewertet, wie groß ist eigentlich der Change Bedarf? Weil wir wollen wissen, welche Maßnahmen müssen wir gezielt da reinsetzen.

 

So, und ich hab es gerade erzählt, wir haben ein großes SAP Projekt, da sind über 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen davon betroffen. Und da ist natürlich klar, dass wir Change ganz groß mitschreiben und mitgeben. Und das wollen wir vorantreiben. Wir schulen die Mitarbeiter, also wir haben glaube 30, 40 oder mehr irgendwo so die Größenordnung ausgebildet neben der Organisationsentwicklung und diese laufend begleiten mit und die managen bei diesen Maßnahmen Fragen was können sie noch tun, beobachten das, Berichten darüber und setzen sich mit den Veränderungen auseinander.

 

Mareike Donath:
Was hast du gelernt über die Zeit zum Thema Veränderungen? Weil das fällt uns ja allen so schwer, sich zu verändern. Hast du schon ein bisschen über deinen Kolleg:innen ein Patentrezept? Wie kann Change gut funktionieren?

 

Thomas Murche:
Ich mache immer erstmal, ich setz mich mal hin und höre erst mal zu, was beschäftigt die Leute? Und wir hatten das erst letzte Woche. Da habe ich eingeladen zu einer sogenannten Sprechstunde, weil ich gemerkt habe, da in den Bauchregionen tut es weh. Dann habe ich gesagt, wir müssen uns einfach mal auseinandersetzen. Und da geht es um Veränderung des energiewirtschaftlichen Systems. Also da geht es um Abrechnung für Kunden. Und das ist auch ein größeres Projekt. Und dann habe ich gesagt, ich lade jetzt alle mal ein. Und dann habe ich unseren Partner Accenture eingeladen, habe gesagt ihr müsst jetzt auch mit dazu kommen, ihr berichtet, ich berichte. Ich habe auch über Ängste gesprochen in meiner Rede. Ich weiß, dass das Angst macht, aber wir müssen ja darüber reden. Und am Ende sind alle rausgegangen und haben gesagt: „Super Veranstaltung.”

 

Wir konnten Fragen stellen, wir haben mitbekommen, wo wir stehen. Auch wenn nicht alles gut ist. Muss man ja auch so ehrlich sagen. Aber wir haben erstmal eine Ebene gefunden und auch wenn nicht alle zufrieden rausgegangen sind auch nicht alle Fragen beantwortet werden konnten. Aber wir haben erst mal eine Basis hergestellt und wir haben gesagt natürlich, das machen wir wieder, das wiederholen wir. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, den Leuten oder den Menschen erstmal zuzuhören, damit anzufangen um erst mal zu erkennen, wo steht der überhaupt?

Also und da kann ich nur die berühmte Veränderungskurve zitieren. Der eine, der Manager, der ist schon lange über das Tal der Tränen hinaus. Der ist schon weg, für den ist das schon fast erledigt und der geht schon wieder ins nächste Projekt. Aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die stehen gerade davor und stellen fest: „Jetzt ist ja mein System weg, jetzt muss ich mich umorientieren, jetzt kann ich das nicht mehr nutzen. Wie sieht das aus?” Und da bricht das Tal der Tränen aus. Und nämlich genau da muss man ansetzen und gezielt eben zuhören und dann erkennen welche Maßnahmen muss ich ansetzen oder muss ich Schulungen noch verändern? Muss ich vielleicht auch mal persönlich reingehen mit  Projektingenieuren und das noch mal erklären? Das ist dann wieder wirklich die Akzeptanzfrage. Und da sind wir nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürger. Da sind wir genau bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

 

Mareike Donath:
An der Stelle finde ich das großartig, dass es so eine Themenfelder wie Change Management gibt. Es sind viele Dinge untersucht worden, es gibt einen Rhythmus, gibt eine Struktur, wo man sich, ich glaube, als guten Leitfaden halten kann. Und dann muss man nicht dauernd das Fahrrad neu erfinden.

 

Das große Thema, wir haben ja vorhin über Trends oder zumindest angerissen, Stichwort KI als Technologie. Inwieweit ist das Thema schon bei euch
angekommen? Inwieweit nutzt ihr das? Ist das nicht der nächste Stressor für die Mitarbeiter:innen?

 

Thomas Murche:
Es wird der Stressor werden. Ich muss sagen, wir haben vielleicht ein klein wenig zu spät gestartet, aber ich will nicht sagen, wir sind zu spät in Summe. Wir haben uns das angeguckt. Welche Felder wird das betreffen? Wir haben eine Strategie ausgearbeitet. Wir sind natürlich auch im tarifgeführten Bereich. Wir werden dazu eine Betriebsvereinbarung machen müssen. Das ist auch gut, das will ich gar nicht negativ belasten, weil es betrifft ja am Ende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und ich gehe davon aus, wir werden unterschiedliche Arten finden, von KI Ausprägung bis hin zum autonomen Bereich. Und damit sind wir auch betroffen. Und da machen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen um ihre Arbeitsplätze. Gerade im Kundenservice.

 

Also ich glaube, da wird es auch nachher, wenn klar ist, worum es geht, standardisierte Antworten über eine KI geben. Und wenn ich mir das heute angucke, im Leben ganz normal. Wenn ich heute meine Bank anrufe, ehe ich zu einem Agent komme. Da muss schon ganz viel passieren und genauso wird es in der Energieversorgung sein. Und natürlich werden wir erleben, dass sich Aufgaben verändern. Und wir müssen diese Fähigkeiten und Fertigkeiten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rüberbringen. Wir müssen erst mal identifizieren, in welchen Bereichen wird das sein? Ich glaube, es wird in allen Bereichen reingehen.  Das ist dann nur die unterschiedliche Art.

Also wenn ich heute in unseren Monteursbereich gucke, glaube ich, da wird immer noch ein Monteur an der Station stehen  und wird mechanische Tätigkeiten durchführen. Aber die Frage ist ja, wie bekommt er die Informationen? Er wird nicht mehr der mit Schaltplan und Papier da stehen, hat vielleicht seine Brille auf und wird erkennen, welches Teil muss ich da wechseln? Oder die Brille liefert ihnen eigentlich gleich eine Anleitung, wie er das Schaltteil wechselt oder wie er dort vorgeht oder wie er das ausführt. So, und im Rechnungseingangsbereich ja, das wird automatisiert laufen, das wird eine Schreiberkennung sein und dann wird das durchlaufen. Im Bilanzierungssbereich, also wir müssen ja Strommengen bilanzieren, also was kommt ins System, was geht raus? Das ist für mich ein klassischer Bereich, wo eine KI einsetzbar ist.

Also ich glaube, wir werden da in den nächsten Jahren noch sehr viel Veränderung erleben. Und das merke ich, das macht Mitarbeiter betroffen, je nachdem, in welchem Grad sie sind. Aber es macht auch irgendwo Lust und das verspüren wir auch, weil Mitarbeiter erkennen: „Oh, da kann ich ja etwas weiterentwickeln und kann auch Dinge selbst mitkreieren.” Und in diesem Spannungsfeld müssen wir arbeiten. Ich habe letzte Woche erst dazu einen Podcast aufgenommen und habe ja zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit meinem Kollegen darüber gesprochen. Und wir sind ja dafür da, die Chancen aufzuzeigen, aber auch, um uns mit den Risiken auseinanderzusetzen. Das ist ja nun mal unsere Aufgabe als Führungskraft die Rahmenbedingungen zu geben. Und dann stehen wir automatisch wieder im Change.

 

Mareike Donath:
KI bei deinen Führungsaufgaben, kannst du dir auch was vorstellen, was abzugeben?

 

Thomas Murche:
Mache ich heute schon.

Mareike Donath:
Wo setzt du das ein?

 

Thomas Murche:
Ich sage immer Nachts arbeitet die KI, wenn ich schlafe und am Tag arbeite ich. Nein, Spaß beiseite, ich nutze das zum Beispiel. Ich habe das jetzt mal genommen, um Dokumente einfach zusammenzufassen. Also ich habe letztens ein 50-seitiges Dokument bekommen, ich lese Dokumente quer, aber da habe ich das wirklich mal ausprobiert. Kann es mir nicht eine Zusammenfassung bringen? Und da habe ich zwei Seiten bekommen und da habe ich die zwei Seiten gelesen,
habe mir dann trotzdem den Spaß noch mal gemacht, habe die 50 Seiten genommen. Ich weiß nicht, ob ich auf genau auf diese zwei Seiten gekommen wäre oder ob ich das so genau getroffen hätte. Aber es hat mir unheimlich geholfen und es hat mir  eine totale Zeitersparnis gebracht in den ganzen Emails, die ich mache
oder anfragen. Es hat mir geholfen, es hat eine Zeitersparnis gebracht, ich konnte eine Quintessenz daraus ziehen.

Mareike Donath:
Das sind tatsächlich die Ergebnisse, die wir ganz oft hören, die KI eingesetzt haben. Ich habe noch nie jemanden gehört: „Auch das Teufelszeug ist das, wo hat es mich hingebracht?” Und die meisten empfinden es als Erleichterung, als Ergänzung zu ihren normalen Arbeitstätigkeiten. Ist es dann nicht auch klug, wenn man sich im  Tal der Tränen befindet, andere, zum Beispiel Stadtwerke, zu nehmen, wo das möglicherweise schon erfolgreich umgesetzt worden ist? Wo deine Mitarbeiter:in erleben können? Da wurde das Tal der Tränen schon längst durchschritten. Die haben die Erfolgskurve schon gehabt. Sich miteinander zu verbinden. Wie tauscht ihr euch miteinander aus oder ist das eine Möglichkeit?

 

Thomas Murche:
Es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit. Also ich bin ein großer Fan davon, weil ich sage, Kooperation ist der neue Wettbewerb. Also wir müssen miteinander kooperieren, weil der Prozess unterscheidet ja nicht nach Nord und Süd. Und da ist es mir ganz wichtig, dass die Leute sich über Themen austauschen oder in ganz bestimmten Themenbereichen zusammenarbeiten. Und wenn die Möglichkeit besteht, machen wir das. Wir machen das zum Beispiel nicht so, also wir haben jetzt zwei Serien aufgesetzt, wir machen das jetzt auf Vorstands- und Geschäftsführerebene und da machen wir ein Seminar zur KI zusammen und gucken, wie uns das helfen kann, prompten mal und gucken uns das mal an und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich bin der Letzte, der sagt: „Jungs, bloß nicht zum Hörer greifen und in  Fulda anrufen und bei der Rhönenergie mal fragen, wie die das machen.” Ganz im Gegenteil. Fahrt hin tauscht euch aus. Wir haben noch heute alle Möglichkeiten. Ich schalte meinen Rechner an, mache Teams an und schon sehe ich den.

Wir haben gerade ein Projekt, wo wir mit der Rhönenergie aus Fulda, mit der Harzenergie in Goslar und hier in Schwerin zusammenarbeiten. Wir bauen gerade ein neues System auf, die Netzleitstelle und da spielt Entfernung keine Rolle mehr. Da funktioniert das. Zwei Jahre lang haben sich die Mitarbeiter nicht gesehen. Mitarbeiterinnen sind auch dabei. Darf ich nicht vergessen. Die haben sich zwei Jahre nicht gesehen. Alles nur per Teams gemacht. Nach zwei Jahren sind sie das erste Mal zusammengekommen, haben eine große Sause gemacht. Kann man auch sagen. Aber es funktioniert so, und das ist doch wichtig, dass man voneinander lernt und Fehler, die man gemacht hat, nicht kein zweites Mal macht.

 

Mareike Donath:
Du treibst die Dinge mit viel Enthusiasmus und Kraft voran. Was motiviert dich jeden Tag?

 

Thomas Murche:
Die Menschen auf der einen Seite, denen ich Hilfestellung geben kann, denen ich etwas geben kann, dass die Rahmenbedingungen besser werden. Und die Menschen geben mir auch sehr viel zurück. Also geben mir Feedback zu meiner Arbeit und das macht Spaß, einfach den Menschen einen Weg zu bereiten. Auch so ein bisschen ehrenamtlich dabei zu sein, um Dinge einfach zu gestalten. Und dieses Gestalten ist eigentlich das, was mich so antreibt. So hier die Möglichkeit zu haben,
Dinge mal auszuprobieren,  auch wenn sie vielleicht dann nicht gleich funktionieren, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und mit den Mitmenschen dann zusammen das zu tun.

 

Mareike Donath:
Bist du auch ein Mensch, der sich als Mensch präsentiert? Ich mache auch Fehler. Ist das so?

Thomas Murche:
Ich mache Fehler auch. Ich bin auch manchmal impulsiv, wenn es mal nicht so geht. So, und wenn wir von dem Status Power Point nicht auf die Straße kommen. Und dann, ja dann passieren auch mal menschliche Reaktionen. Aber genauso gut kann ich ruhig und offen sein und höre zu. Und das habe ich gelernt in meiner Zeit als Führungskraft. Man muss erst mal zuhören. Man muss den Menschen wirklich das Gefühl geben und nicht nur das Gefühl geben, dass sie auch gehört werden, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt, dass man ein Interesse daran hat und das ist, glaube ich, die Ausgangsbasis. Man braucht eine vertrauensvolle Position. Und wenn man dann schafft, ehrlich zu sein, dann entwickelt man auch einen gewissen Mut. Und der Mut ist dann wiederum das Element, die Dinge auch nach vorn zu treiben.

 

Mareike Donath:
Bis zur WEMAG deine zwei wichtigsten Meilensteine auf deinem Berufsweg?

 

Thomas Murche:
Ja, also viele Jahre bei der Avacon, die ist in Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt. Dort war ich in verschiedenen leitenden Positionen. Und bevor ich zur WEMAG gekommen bin, war ich in Essen. Da habe ich die sogenannten Seiten gewechselt. Da war ich auf der Mutter, also bei der Eon Deutschland. Also davor war es eine Beteiligung, wo ich immer nach Essen geschaut habe und dann habe ich diese Einheiten selbst mit geführt und das war auch ganz interessant, das mal zu sehen, weil da eine ganz andere Bedürfnislage da war. Da ging es viel um Zahlen, um Kennzahlen, das ist ein internationaler oder nationaler Konzern und der guckt natürlich anders auf das Spielfeld und das zusammen zu bringen, das war eine ganz spannende, ja Situation, weil die einen sind operativ tätig
und die anderen sind strategisch tätig. Und das mal kennenzulernen davor hat mir sehr viel gebracht.


Mareike Donath:
Ich kann mir vorstellen, das gilt für viele Bereiche, wenn man mal die Seiten oder die Perspektiven wechselt.


Thomas Murche:
Ja.

Mareike Donath:
Für gegenseitige Akzeptanz zu sorgen.

 

Thomas Murche:
Das war mal eine Übung, die wir gemacht haben. Drei Tage lang. Da hieß es dann, ihr seid jetzt mal Windeinspeiser, ihr nehmt die Kundenperspektive ein und da sitzt der Netzbetreiber. Und dann war es ein Vorstandskollege und ich, wir haben überlegt, was ist eigentlich so unsere Bedürfnislage? Und dann haben wir gesagt: „Schneller Anschluss und viel Geld verdienen.” Mehr brauchen wir nicht. So, und dann sitzt man da und dann sieht man erst mal, wie Kollegen schwitzen, die auf der anderen Seite sitzen. Also, es ist total interessant und das kann ich nur empfehlen, das wirklich mal so zu machen, sich in die Kundenperspektive oder in die andere Perspektive reinzudenken und dann mal zu überlegen, was treibt mich da eigentlich.


Mareike Donath:
Ich kann mir wirklich vorstellen, dass das für viele, viele Bereiche unheimlich hilfreich sein kann und tatsächlich kundenorientiert, nutzerorientiert das ist ja etwas, was bei der Digitalisierung ja eine unheimliche Rolle spielt. Werden Prozesse hochkant gestellt, weil man einfach die Nutzerperspektive noch nicht so richtig mit involviert hat. Die WEMAG ist ein großes Unternehmen, was tatsächlich eine tolle positive Wirkung auf die Region hat auf Mecklenburg-Vorpommern. Da komme ich zu meiner Abschlussfrage. Mecklenburg-Vorpommern, ein Zukunftsland?

 

Thomas Murche:
Auf jeden Fall. Wir haben die besten Voraussetzungen. Von Gestaltung in der Energiewende, von Ansiedlungspolitik, von digitaler Infrastruktur. Es ist alles gegeben und wir müssen es nur richtig nutzen. Ich glaube, wir müssen schon noch an der einen oder anderen Stelle nachbessern und zusammenarbeiten. Und da ist sowohl das Land gefordert, als auch die Unternehmen und am Ende natürlich auch die Kunden oder die Bürgerinnen und Bürger. Aber die Voraussetzungen sind geschaffen. Zukunftsland, Daumen hoch!

 

Mareike Donath:
Vielen herzlichen Dank, dass du hier gewesen bist, Thomas.

 

Thomas Murche:
Dankeschön, Mareike. Hat Spaß gemacht.